Seite:OberamtMergentheim0374.jpg

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zunahm, gründete Maximilian im J. 1600 mit Unterstützung der Ballei Franken in dem Seminar zu Mergentheim eine eigene Bildungsanstalt für Ordenspriester, versorgte es mit den nöthigen Unterhaltungsmitteln (800 fl. jährlich aus seiner und 1600 fl. aus der Ballei-Kasse) und ließ aus dem Elsaß und aus Österreich mehrere namhafte Geistliche und tüchtige Kanzelredner herbeikommen; sorgte auch für „merkliche Besserung des Gottesdienstes bei Hof, in der Stadt und auf dem Lande.“ Im September 1618 ließ er durch ein Generalkapitel in Mergentheim den Bruder Kaiser Ferdinands, den Erzherzog Karl, zu seinem Nachfolger im Hoch- und Deutschmeisterthum erküren, und schon wenige Wochen darnach starb er in Wien. Am 14. Jan. 1619 wurde der eben Genannte in Mergentheim feierlich in sein hohes Amt eingeführt, das er nur wenige Jahre bekleiden sollte: zur Regentschaft von Portugal berufen, starb er in Madrid den 24. November 1624. Der Statthalter und Landkomthur Joh. Eustach von Westernach berief zur Neuwahl auf 17. März 1625 ein Generalkapitel ins Haupthaus Mergentheim. Es war ein Bewerber um die Meisterwürde aufgetreten, den Niemand erwartete: Graf Johann Tserklas von Tilly[ws 1], der siegreiche Feldmarschall der Liga. Trotz der Fürsprache des Kaisers und mehrerer Fürsten blieb das Kapitel bei dem Statut, welches jede namentliche Bewerbung vor einer Meisterwahl verbot, und wählte den genannten Statthalter. Schon Mitte März 1627 berief derselbe wieder ein Generalkapitel nach Mergentheim, welches, wie so manche seiner Vorgänger, sich mit der unfruchtbaren Frage der dem Orden entrissenen Besitzungen beschäftigte. Im Herbst desselben Jahrs fand der 82jährige Greis seine Ruhestätte bei seinen Vorgängern in der Ordenskirche zu Mergentheim. Ein daselbst in den letzten Tagen von 1627 gehaltenes Generalkapitel hob den Landkomthur im Elsaß, Joh. Kaspar v. Stadion[ws 2], auf den Stuhl und verpflichtete denselben, Angesichts der kriegerischen Erfolge Wallensteins[ws 3] und Tillys insbesondere alle nichtkatholischen Unterthanen innerhalb seines Meisterthums so viel nur möglich zu „reformiren“ d. h. zur rechtgläubigen Kirche zurückzuführen. Eine 1629 in Mergentheim veranstaltete Zusammenkunft der Liga mag ihn darin bestärkt haben.

Daß freilich die Ausführung hinter dem Vorsatz zurückblieb, dafür sorgte der weitere Verlauf des Kriegs, der schon von Mansfelds Tagen an die Gegend wiederholt gestreift hatte
Anmerkungen [WS]

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0374.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)