Seite:OberamtMergentheim0378.jpg

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das Archivwesen geordnet, insbesondere Einsendung von authentischen Abschriften aller wichtigsten Dokumente aus den Archiven der Balleien in das Hauptarchiv zu Mergentheim angeordnet. Vom deutschmeisterischen Hof jener Tage gibt ein kleines Bild, was von der Reise des Mainauer Landkomthurs von Roggenbach zur Verpflichtung nach Mergentheim berichtet wird (Roth v. Schreckenstein, Die Insel Mainau 175.) Sechs Tage dauerte die Reise von der lieblichen Bodenseeinsel nach der Ordensstadt, ebenso lang der Aufenthalt in dieser. Die Kosten für die Konfirmationsurkunde beliefen sich auf 1251 Gulden; „Verehrungen“ erhielten: der Herr Kanzler 90 fl., der Rentmeister 30, die Kanzlisten 12; dann kamen die Priester für vier gehaltene Ämter, Koch, Kellner, Zimmerwart, 6 Trompeter, die Musikanten, des Herrn Marschalks Diener, der Kammerdiener des Hochmeisters, die Edelknaben, der Bereiter und die Stallknechte, der Tafeldecker, Thorwart, die Einspännigen, die Lakaien, der Futterschneider, Thurmbläser, Mundschenk, der Gärtner und endlich auch der Zwerg – das alles kam und erhielt im Ganzen 306 Gulden und 23 Kreuzer. Der Deutschmeister selbst stand freilich die meiste Zeit als Gubernator in Ungarn, während der Krieg gegen Louis XIV. den Besitzungen und der Residenz desselben, die von den Nöthen des dreißigjährigen Kriegs sich kaum erholt haben mochten, neuen Schaden brachte. Im September 1673 hausten Turennes Dragoner dermaßen in Mergentheim, daß es kein fürstlicher Wohnsitz mehr zu sein schien. 1679 wählte ein besonders zahlreich besuchtes Kapitel in Mergentheim den jungen Herzog Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg zum Koadjutor und dereinstigen Nachfolger in der Hoch- und Deutschmeisterwürde. Diese trat er schon 1684 an, verweilte aber, meist durch den Kriegsdienst ferne gehalten, nur in der ersten Zeit seiner zehnjährigen Amtsverwaltung vorübergehend in Mergentheim. In seine Regierungszeit fällt der berüchtigte, auch für das Mergentheimische Gebiet verderbliche Einfall der Franzosen 1688 (siehe S. 303.) Als Ludwig Anton, noch nicht ganz 34 Jahre alt, im Mai 1694 zu Lüttich gestorben war, wurde von den Ordensgebietigern zunächst die Leichenfeier für den so früh abberufenen Meister in Mergentheim dem Herkommen gemäß gehalten und hernach der Bruder desselben, Herzog Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Bischof von Breslau, auch postulirter Probst und Herr zu Ellwangen, der zu den Feierlichkeiten eingeladen und erschienen war, zum Meister erhoben. Da außer den

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0378.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)