Seite:OberamtMergentheim0379.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

genannten hohen geistlichen Ämtern auch noch die Bisthümer Worms und Trier auf ihn gehäuft wurden, sah ihn Mergentheim in den 38 Jahren seines Meisterthums nur selten, beispielsweise 1718 und 1719; und auch von seiner Wirksamkeit für den Orden finden sich nicht viele Spuren. 1697 wird über Kleiderhoffart der Frauen geklagt, insbesondere das Tragen großer Hauben, der „verfluchten babylonischen Thürme“, welche eine fremde überdies noch calvinische Person, mit ihren Töchtern und ihrem Sohn in Mergentheim wohnhaft, verfertigte. Im Jahr 1700 wurde das Gymnasium errichtet (s. u.). Auch der spanische Erbfolgekrieg ließ Mergentheim nicht unberührt: 1704 kamen viele in der Schlacht von Höchstädt gefangene Franzosen unter englischer Bedeckung durch; am 22. Juli 1707 überrumpelte ein französisches Streifkorps die Stadt (s. S. 304.) 1711 machte die Durchreise Kaiser Karls VI. zur Krönung nach Frankfurt – 750 Pferde waren auf jede Poststation zu stellen – dem Deutschmeister großen Aufwand. Die Zeit charakterisirt ein Regierungsdekret vom 1. Mai 1715 an den Hauskomthur zu Mergentheim: während der bevorstehenden Sonnenfinsternis seien zu Verhütung von Seuchen und Krankheiten die Brunnen zuzudecken, das Vieh, bis wieder ein Thau oder Regen falle, nicht auf die Weide zu treiben, Gemüse und Futter Tags zuvor einzutragen, weil „von denen von gedachter Sonnenfinsternis beschatteten Gartenwaren etc. nichts genossen werden dürfe.“ 1716 wurde das große Armenhaus mit der St. Rochuskapelle neu erbaut. Im August 1724 besuchte der Fürstbischof Philipp Franz von Würzburg den Deutschmeister in Mergentheim. Nach einer großen Jagd und einem solennen Mahl fühlte sich der Gast unpäßlich und reiste daher schon am zweiten Tag nach seiner Ankunft wieder ab. Schon im Wäldchen unfern Löffelstelzen ereilte ihn unter einer Eiche der Tod. 1728 wurde der „große Jahrmarkt“ von Johannis auf Ägidien (1. September) verlegt; 1730 der Neubau der Hofkirche begonnen. Auch dem nächsten Hoch- und Deutschmeister, der zugleich Kurfürst von Köln wurde, Klemens August Herzog von Bayern, 1732–1761, begegnen wir außer dem Kapitel, welches ihn wählte, und einem andern, das er 1736 nach Mergentheim berief, nur selten daselbst. 1735 war der Neubau der Hofkirche vollendet. 1736 wurde in Abwesenheit des Hoch- und Deutschmeisters das Jubiläum des Kapuzinerklosters glänzend gefeiert; 1738 die alte Burg auf dem Ketterberg abgebrochen. Im April 1742 reiste der unglückliche

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0379.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)