Seite:OberamtMergentheim0487.jpg

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Auf der vierten Glocke steht: Alles zu Gottes Ehren. In Würtzburg gegossen 1688.

Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Das nördlich bei der Kirche stehende, vom Staat zu unterhaltende Stadtpfarrhaus mit hübschem Garten bildete einen Theil des alten Burgkomplexes; der gegen die Kirche heraustretende Theil desselben, mit starken an den Ecken gebuckelten Mauern ist noch sehr alt, innen sieht man gegen Osten frühgothische Fensteröffnungen, nemlich zwei spitzbogige Fenster und ein urthümlich gefülltes Rundfenster, wohl einst zu einer Kapelle gehörig, der übrige Theil des Pfarrhauses, die eigentliche Wohnung, wurde 1768 erbaut. Der Eingang zum Pfarrhof besteht in zwei steinernen Rundbögen, über dem großen die Jahreszahl 1577.

In dem 1734 völlig erneuerten Schlosse (Staatseigenthum), worin früher ein Oberamtmann seinen Sitz hatte und eine Zeit lang, bis zum Jahr 1872, ein Kameralamt sich befand, ist jetzt die Helferswohnung. Die frühere Kameralamtskanzlei im untern Stock hat die Gemeinde für die neuerrichtete Kleinkinderschule gemiethet, und das frühere mit dem Schloß verbundene Helferhaus gieng 1875 in die Hand der Stadt über und bildet nunmehr die Wohnung des Mittelschullehrers.

Das Forsthaus, die Wohnung des jeweiligen Revierförsters, außen an der Stadt, an der Straße nach Rinderfeld, ist ebenfalls Eigenthum des Staats.


Die Herrgottskirche. Eine gute Viertelstunde südlich von der Stadt liegt einsam im engen stillen Thal des munter daher rauschenden Herrgottsbaches, da wo derselbe aus Tannen- und Buchenwäldern in Weinberge und Baumwiesen heraustritt, hoch aufgemauert und malerisch an der alten Landstraße nach Rothenburg der Creglinger Friedhof und auf ihm erhebt sich, so ganz gestimmt zu der landschaftlichen Umgebung, die Herrgottskirche, erbaut in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (1384) in reichem und geistreichem gothischem Stil und bis auf den heutigen Tag außen und innen noch beinahe vollkommen erhalten. Selten wohl begegnet uns ein lieblicheres Bild, als in dem fern von der Welt abliegenden anmuthigen Waldthal diese schöne gothische Kirche, umgeben von den vielen altehrwürdigen Grabdenkmälern, den Blumenbeeten, verwildernden Rosenbüschen und Weinreben des Friedhofes. Drei reich verzierte

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 487. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0487.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)