Seite:OberamtMergentheim0630.jpg

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Dies Haus ist mein und doch nicht mein,
Nach mir kommt wieder ein anderer rein
Und ist auch nicht sein.

Verachte mich nicht und die Meinen,
Betrachte zuvor Dich und die Deinen,
Wirst du mich und die Meinen verachten,
So werd ich Dich und die Deinen auch nicht achten.

Allen Menschen recht gethan,
Ist eine Kunst, die Niemand kann.

O Mensch, in Allem was du thust,
Bedenke, daß du sterben mußt.

Die in der Mitte des Orts, im freundlich angelegten früheren Friedhof stehende Kirche (allen Heiligen geweiht) stammt aus spätromanischer Zeit. Rings um sie läuft noch der alte, jetzt überall bloßgelegte romanische Sockel umher, und oben unter dem Dach ein Diamantenstab, darunter ein Spitzbogenfries (ähnlich wie in Frauenthal). Gegen Westen öffnet sich ein altes Rundfenster mit schöner Rosette, auch von Diamanten gesäumt, und an der Nordwand des Schiffes sieht man einige spätgothische mit dem halben runden Kleeblatt gefüllte Fenster. Der im Osten stehende Thurm ist auch noch der ursprüngliche; in seinem vierten Geschoß hat er 4 schöne spätromanische, je von einem Säulchen getheilte rundbogige Schallfenster. Die Säulen haben elegante attische Füßchen mit Eckknollen, ihre Kapitelle sich aufrollende Blätter, die meist in kleine Köpfe sich endigen. Über dem gegen Süden gerichteten Säulenfenster ragt ein menschlicher Kopf heraus und an der Nordseite beim Fenster ein räthselhaftes Bildwerk wie ein Dachspeier. Das erste Geschoß des Thurmes hat gegen Osten noch das alte romanische Fensterchen. Der fünfte Stock ist neu, hölzern und mit vierseitigem Zeltdach bedeckt.

Im Innern hat das Schiff eine flache Decke, der Chor (im Thurm) ein Kreuzgewölbe mit schönen gothischen Rippen; [Pfarrer Heinrich Keck (s. u.) läßt um 14 . . den Chor und das Gewölbe über dem Frauenaltar malen, den Kerntner mit dem Gebein neu machen.] Der mit Kämpfern besetzte halbrunde Triumphbogen ist auch noch romanisch. Der Altar stammt aus dem vorigen Jahrhundert und wurde in Künzelsau gefertigt, die Kanzel, in guter Renaissance, hat die Umschrift: Des Herren Wort bleibt in Ewikeid 1585. Außen an der Südwand der Kirche stehen einige Grabsteine aus dem vorigen Jahrhundert.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 630. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0630.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)