Seite:OberamtMergentheim0645.jpg

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erhalten, in einem gegen innen offenen Viereck umher. Hier soll ein Schloß gestanden sein. Auch hatte der Ort zwei Thürme an seiner Umwallung.

Die im Jahr 1864 erneuerte Kirche steht erhöht unterhalb dieses Vierecks am Abhang und deutet auf echt romanische Zeit; noch läuft unten der alte Sockel umher und das merkwürdige romanische Portal, das früher an der gegen das Dorf gekehrten Nordseite der Kirche stand, ist jetzt in ihre Westfront eingesetzt. Der gut profilirte Rundbogen wird oben wagrecht von einem Rundbogenfries umrahmt; in einem der Zwickel ragt ein über ein menschliches Brustbild gebeugter Widderkopf, im andern Zwickel ein schön stilisirter Löwenkopf, (wie ein eherner Thürklopfer), heraus. Oben über dem Friese liegen zwei große herrliche steinerne Löwen. Im Westgiebel ein altes Rundfenster mit Steinkreuz darin. Der Thurm steht im Osten, ist dreistockig mit romanischen Säulenfenstern; die Säulen sind stark verjüngt, mit Würfelknäufen und Eckknollen. Auf dem Schildchen eines der Würfelknäufe ein liegendes Z. Innen erhielt sich der alte Triumphbogen, links davon ein eigenthümliches gothisches Sakramenthäuschen mit Christuskopf und einem Eisengitter. Die Skulptur erinnert in ihrer Schwerfälligkeit auffallend an jene Skulpturen am Friedhofkirchlein zu Niederstetten.

Den Chor deckt ein altes Tonnengewölbe; Altar und Taufstein sind aus Stein in ansprechendem neuromanischem Geschmack ausgeführt.

Von den 3 Glocken trägt die größte in sehr alten Majuskeln die Namen der vier Evangelisten, die zweite wurde 1805 gegossen von Adam Claus, die dritte Glocke stammt aus dem Jahr 1749. Die Kirche liegt in dem noch ummauerten, schön bewachsenen Friedhof, an dessen Südseite sich der „Dorfgraben“ hinzieht, so daß die Kirche innerhalb des festen Dorfes war. Ein alter runder Taufstein liegt auf dem Friedhof. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Das Pfarrhaus wurde 1816/17 zum größten Theil auf Gemeindekosten erbaut und ist auch von derselben zu unterhalten.

Das sehr stattliche Schulhaus, zugleich Wohnung des Schulmeisters, wurde 1876 erbaut; auch der Weiler Oberndorf besitzt ein, 1872 hergerichtetes Schulhaus, mit Wohnung des Amtsverwesers. Das Rathhaus, bis 1876 mit dem Schulhaus vereinigt, stammt aus dem Jahr 1837. Ein Armenhaus und ein Schafhaus besteht.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 645. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0645.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)