Seite:OberamtMergentheim0653.jpg

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Der nicht sehr ausgedehnte Wiesenbau liefert, einige saure Wiesen abgerechnet, ein gutes Futter, das jedoch den Verbrauch im Orte nicht deckt; die Wiesen sind größerentheils zwei-, kleinerentheils dreimähdig, 50 Morgen bewässerbar.

Der Weinbau liefert einen guten, angenehmen meist weißen Wein (Gutedel, Sylvaner, theilweise auch Weißroth und Grobschwarz); die beste Lage ist die „Klinge im Wolfenthal.“ Der höchste Preis eines Eimers beträgt 90, der niederste 24 Gulden. Vor den fünfziger Jahren trieb man hier viel mehr Weinbau.

Die Obstzucht, besonders Mostobst und Zwetschgen, dagegen nimmt zu; ein Baumwart ist aufgestellt.

Die Gemeinde besitzt 20 Morgen Nadelwald und 19 Morgen guter Weide, die sammt der Brach- und Stoppelweide der Gemeindekasse jährlich 630 M. Pachtgeld einbringt, die Pferchnutzung 400 M. Die Allmanden, zum Ackerbau benutzt und gegen eine kleine Entschädigung an die ältesten Bürger verliehen, tragen jährlich 70 M. ein, und die der Gemeinde gehörigen drei Güterstücke 60 M. –

Die Rindviehzucht (Simmenthaler) ist in gutem Zustand; drei Farren sind aufgestellt. Milch und Vieh wird nach Mergentheim verkauft. –

Ein Pachtschäfer läßt Sommers 160, Winters 180 deutsche Schafe auf der Markung laufen. Schweine werden zum Verkauf und für den eigenen Bedarf gemästet, die Ferkel von außen bezogen. –

Der Wachbach führt Forellen, das Fischrecht hat Hohenlohe-Langenburg.

Der Ort soll früher größer gewesen sein, im Thal gegen Süden auf den dem Staat gehörigen Herrschaftswiesen stand ein Nonnenkloster. Südwestlich vom Ort erhebt sich der Kirchberg, und bei der Schelmenklinge, eine halbe Stunde östlich vom Ort, der Osterberg. – Das jetzige Schul- und Rathhaus war Krankenhaus für die Russen, die hier am Nervenfieber in Menge starben und in ein Massengrab im Kirchhof geworfen wurden, das bei Vergrößerung der Kirche wieder aufgegraben wurde; die Gebeine brachte man an einen andern Ort. – In dem 1848 ausgestockten Gemeindewald „Hölzle“, wobei viele kleine Hufeisen gefunden wurden, sei früher oftmals ein mit grünem Rock bekleideter Mann ohne Kopf, zuweilen zu Pferd, gesehen worden.


Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 653. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0653.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)