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30. Neuseß,
Dorf III. Klasse, mit 269 Einw., prov. kath. Pfarrkuratie.


Der kleine, aber meist aus stattlichen zweistockigen Bauernhäusern bestehende Ort liegt einsam auf der Höhe am Beginn des stillen, in das Tauberthal ziehenden Neuseßer Thälchens.

Die jetzige, dem h. Antonius geweihte Pfarrkirche, früher Filialkapelle, liegt etwas außerhalb des Orts; sie wurde 1710 von der Gemeinde erbaut, wobei ein gewisser Antoni Landwehr, auch sonst Wohlthäter der Kirche, Beiträge zusammenbrachte. Das Äußere der Kirche hat die Gemeinde, das Innere die Stiftung zu unterhalten.

Der 1749 angelegte Begräbnisplatz liegt südostlich bei der Kirche. Das hochgelegene, sehr freundliche Pfarrhaus wurde 1864 von der Gemeinde, die es auch zu unterhalten hat, neu erbaut, das Schul- und Rathhaus, das zugleich die Wohnung des Schulmeisters enthält, im Jahr 1856.

Seit 1872 besteht auch eine Industrieschule für schulpflichtige Mädchen.

Seit Errichtung des Pfarrbrunnens, eines im Jahr 1865 gegrabenen Pumpbrunnens, ist dem Wassermangel, der früher sehr oft eintrat und die Ortsbürger zwang, das Wasser von auswärts zu holen, abgeholfen; außerdem bestehen 2 laufende und 4 Pumpbrunnen, desgleichen 3 Wetten; das Wasser ist sehr gut, die Markung ist arm an Quellen, die bedeutendsten sind im Hirtenbuck, der Kreusch- und der Seebronnen. Hungerbrunnen kommen vor.

Vicinalstraßen gehen von hier nach Schäftersheim, Igersheim und Harthausen; auf der Markung sind fünf steinerne Brückchen.

Die Vermögensverhältnisse und Mittel des Auskommens (Feldbau, Viehzucht, Weinbau) der Einwohner sind nicht ungünstiger als in andern Orten des Bezirks. Der Boden ist mittelfruchtbar, zu 3/4 tiefgründig, zu 1/4 steinig, das Klima etwas rauher als im Tauberthal. Frühlingsfröste und heftige Winde (von Norden und Osten) sind häufig. Hagelschlag, früher seltener, kam in fünf Jahren zweimal vor. An der westlichen Seite der Markung soll der über eine Stunde lange Eichwald ein Wasserscheide bilden.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 659. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0659.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)