Seite:OberamtMergentheim0770.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Das dem Fürsten von Hatzfeld gehörende, jetzt nur noch als Speicher und Gnadenwohnung benützte Schloß, an der Nordseite des Ortes gelegen, zeigt sich mit seinen sechs Thürmen von außen gar stattlich und ziert weithin die Gegend; es war wieder ein echtes Wasserschloß, rings von einem (noch zum größten Theil erhaltenen) Graben mit Wall umgeben, der gegen Osten durch eine Reihe von drei künstlichen Seen gedeckt war, während gegen Westen das sumpfige Wiesenthal des Gollachbaches begann. Gegen Norden, gegen das freie Feld hin, schützte ein (auch z. Th. noch erkennbarer) zweiter Graben und gegen Süden, gegen das Dorf zu, war ein bedeutender einst auch befestigter Vorhof, in dem jetzt meist Ökonomiegebäude stehen.

Das Schloß wurde 1544 von den Rosenbergern gebaut; ihr Wappen und die Jahreszahl 1544 sieht man einigemal am Gebäude; später um das Jahr 1660 von den Hatzfeld erneuert und namentlich im Innern ausgeschmückt, wird aber jetzt nicht mehr bewohnt, weshalb die einst so schönen Räume leer und verwahrlost stehen. Man geht vom Vorhof aus über den (einstigen) Graben und dann durch das Thor, mit dem Hatzfeldischen Wappen, in ein kleines Höfchen. Zur Linken tritt hier ein steinerner Anbau hervor, unten mit schöner geschnitzter Holzthüre, darauf ist gemalt die Jahreszahl 1662, und zur Rechten erblickt man den großen runden Hauptthurm. Außer diesem stehen noch fünf andere Thürme um das Schloß, ein vieleckiger Treppenthurm gleich neben dem Hauptthurm, je ein runder an den andern drei Ecken und ein viereckiger an der Westseite, hart am südwestlichen Eckthurm. – Der Hauptthurm zeigt innen zwei runde Gemächer über einander, die noch mit Blumenranken im Geschmack der Frührenaissance bemalt sind und dessen Böden aus schön gemodelten Fließen bestehen. Gegen oben erweitert sich der sehr hohe Thurm in vier rechteckigen Erkerchen, was höchst malerisch wirkt. Jetzt nisten die Tauben in den Thurmgemächern.

Das Schloß hat gegen Osten und Westen zwei reiche schön geschweifte Renaissancegiebel, und hübsche steinerne Sprossenfenster.

Im Innern des Schlosses ist noch bemerkenswerth der Flur mit zwei Säulen und einer steinernen Freitreppe, daran ein Löwe den Hatzfeldischen Wappenschild hält. Der Speisesaal mit den Ledertapeten und der schönen Stuckdecke, daran sich anschließend im östlichen Eckthurm die auch mit Stuckaturen gezierte Schloßkapelle mit Rococoaltärchen und zwei spätgothischen Tafelbildern:

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 770. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0770.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)