Seite:OberamtMergentheim0812.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

weniger als 20 Todesurtheile vollzogen wurden, meist an Dieben und Räubern, ungerechnet die Fälle, in welchen der Graf Begnadigung eintreten ließ. Der Lebensabend des vielthätigen Regenten war schmerzlich getrübt durch den Tod seines kaum 29jährigen einzigen Sohnes Albrecht. In der Nacht des 1. Juli 1744 ritt dieser nach dem Karlsberg und stürzte unfern der Stadt noch auf ebenem Boden so schlimm, daß er besinnungslos nach dem Schloß gebracht werden mußte. Nach einigen Stunden kehrte zwar das Bewußtsein zurück, aber der Zustand blieb hoffnungslos. Die Leichenöffnung ergab einen Riß in der Hirnschale über dem rechten Auge, zwei Splitter waren in das Gehirn eingedrungen.

Als fünf Jahre hernach die verwitwete Schwiegertochter sich mit einem Prinzen von Hildburghausen in zweiter Ehe vermählte, ließ Graf Karl es sich nicht nehmen, die Hochzeitsfeier in Weikersheim zu veranstalten. Im September 1752 feierte er sein Jubelfest nach 50jähriger Regierung. Die Feier wurde nicht bloß kirchlich begangen, und es gab nicht bloß festliche Aufzüge und dichterische Glückwünsche, sondern auch ein heiteres Kinderfest, zu welchem sich gegen 400 Kinder aus Stadt und Land eingestellt hatten, und Bewirtung von 23 Greisen aus Stadt und Amt Weikersheim, die entweder gleich alt oder noch vorgerückter in Jahren als der Graf selbst waren. Der Bürgerschaft seiner Residenz spendete er ein Faß Karlsberger und gab ein Freischießen mit vielen Preisen. Fast 82 Jahre alt, gieng der Greis am 5. Mai 1756 zur Ruhe ein, der Letzte, welcher dauernd in Weikersheim residirt hatte. Sein Herrschaftsantheil kam an die Linie Neuenstein-Öhringen, später, 1805 nach dem Tode des Fürsten Karl, an Kirchberg und Langenburg gemeinschaftlich, bis das Aussterben der Kirchberger Linie 1861 Weikersheim ganz an Langenburg brachte. Als der Reichsdeputations-Hauptschluß 1803 den Fürsten Karl von Hohenlohe-Jagstberg für Verluste im Elsaß entschädigte, war unter den ihm zugewiesenen Gütern auch der östliche Theil des Karlsbergs. Über die Frage, was hierunter zu verstehen sei, entstand ein mit dem Namen der Trisensache in der Geschichte des Hauses Hohenlohe bezeichneter, vor den württembergischen Gerichten geführter Rechtsstreit zwischen Jagstberg einer- und Kirchberg und Langenburg andererseits, der erst am 24. Nov. 1812 durch gütlichen Vergleich dahin erledigt wurde, daß die letztgenannten Häuser die Summe von 16.000 Gulden an das erste bezahlten, wogegen ihnen der ganze Karlsberg verblieb.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 812. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0812.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)