Seite:OberamtNeresheim0178.jpg

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des Brenzgaues und die Grafen von Dillingen übten zugleich die Schirmvogtei über das Kloster und seine Besitzungen in dieser Gegend. Diese Rechte kamen anno 1258 (vgl. VII., 1) an das Bisthum Augsburg, weil aber die Neresheimer Vogtei kurz vorher den Grafen von Oettingen verpfändet worden war, so widersetzten sich diese der Besitzergreifung des Hochstifts mit gewaffneter Hand und besetzten das Kloster samt dem Weiler Neresheim. Als 1263 Friede gemacht wurde, mußten die Grafen zwar die Rechte des Bisthums Augsburg anerkennen, sie jedoch bleiben im Besitz bis zur Bezahlung von 450 Mark Silber. Da nun dieses Geld nicht heimbezahlt wurde, so verblieb den Oettinger Grafen die Klostervogtei und die weltliche Hoheit über alle klösterlichen Besitzungen auf dem Herdtfelde. Sie wußten auch diese Rechte trefflich auszunützen und begründeten dadurch ihre Herrschaft über eine ansehnliche Strecke Landes; vgl. unten die Geschichte des Klosters.

Um die Gerichtsbarkeit und den Klosterschutz zu handhaben, gewiß aber ganz besonders auch um das Kloster zu überwachen und die eigenen Rechte zu wahren, stellten die Grafen in Neresheim einen Vogt auf. (Urkundlich genannt fanden wir 1403 Heinz Jäger, Edelknecht; 1410 Hans-, 1419 Fritz von Schnaitberg, 1449 Fritz von Gravenegg, 1477 Sixt von Gundelsheim, 1477 Rudolf Hack von Hoheneck, 1528–30 und 49 Christof von Horkheim, 1536 Ludwig von Gravenegg …) Zugleich hielten die Grafen auf gutes Einvernehmen mit der Bürgerschaft, um bei den häufigen Zwistigkeiten und Fehden mit dem Kloster an der festen Stadt und ihren waffenfähigen Bürgern einen guten Rückhalt zu haben. Die Bürgerschaft aber lehnte sich gern an den Grafen an, weil sie in Folge der grundherrlichen Rechte und mancherlei Erhebungen des Klosters manchmal in Streit mit demselben kam (z. B. 1466 wollte das Kloster von den Metzgern einen Viehzoll erheben). Aus späterer Zeit wissen wir, daß z. B. 1582 die bewaffneten Bürger in Verbindung mit gräflichen Hakenschützen das Kloster besetzten, um jede Verbindung desselben abzuschneiden. Ohnedieß bei jeder Abtswahl besetzten die Bürger als Schutzwache die Thore.

Daß das altherkömmliche Gericht zu Neresheim wirklich ein Grafenthing war, wird bestätigt durch die Überlieferung, es sei ehemals mit Edelleuten und andern guten Geschlechtern besetzt gewesen und man richtete da über Leben und Tod. Deßwegen stand zu Neresheim Stock und Galgen und dahin mußten auch die adlichen Herrn des Bezirks ihre Malefikanten liefern. Oettingen duldete anderswo kein Hochgericht; vgl. Katzenstein. Späterhin besorgte der Vogt die hohe Justiz in Verbindung mit dem Stadtgericht.

Die Stadtverwaltung wurde besorgt von einem Rath aus zwölf Mitgliedern bestehend, mit zwei Bürgermeistern an der Spitze,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)