Seite:OberamtNeresheim0192.jpg

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Aussichten bieten sich verschiedene auf den benachbarten Höhen, sie sind nicht gerade weit aber eigenthümlich; man blickt an die kühnen Formen des Ipfs und des ruinenbekrönten Flochbergs, während aus den nächstliegenden Bergen kahle Felsenköpfe starr und phantastisch aufragen.

Die kleine im Spätrenaissancestiel erbaute Kirche steht etwas erhöht, vom ummauerten Friedhof umschlossen, am rechten Thalabhange nahe der Eger. Sie hat keinen Thurm, sondern nur einen kleinen Dachreiter auf dem Westgiebel. Ihr Schiff wurde im Jahr 1700–02 an der Stelle des hier gestandenen sehr alten Nikolaus-Kapellchen neu aufgeführt; man sieht noch daran das Wappen der Grafen von Oettingen mit der Jahreszahl 1702. Als aber mit der Zunahme der Bevölkerung der Raum zu klein wurde, so baute man 1766 mit einem Kostenaufwand von 2000 fl. aus dem sequestrirten Zehnten des Klosters Kirchheim den ziemlich langen Chor an, den man zierlich und mit flachen Gurtenkreuzgewölben anlegte; an seinem Triumphbogen steht 1766. Der mit zwei kleinen Glocken versehene Dachreiter wurde 1777 aufgesetzt. Von den drei vorhandenen Altären ist der Hochaltar nicht ohne Kunstwerth. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der um die Kirche gelegene Friedhof wurde schon einigemal erweitert. Außer ihm besteht noch der außerhalb des Orts am Fuß des Schenkensteins im einsamen Waldthal gelegene israelitische Begräbnißplatz; er enthält viele sehr alte Denkmäler, die schon im Jahr 1600 von Baldern hieher versetzt wurden.

Das ehemalige 1572 erbaute Schenkenstein’sche Schlößchen diente in diesem Jahrhundert zur Pfarrwohnung; baufällig geworden erkaufte es die Gemeinde um 1500 fl. und baute an dessen Stelle im Jahr 1853 das hübsche Pfarrhaus nebst Scheune. Das 1866 vergrößerte, ansehnliche, schön und hoch gelegene Schulhaus enthält die katholische Volksschule mit zwei Lehrzimmern und der Wohnung des Schulmeisters, ferner die israelitische Schule mit einem Lehrzimmer und der Wohnung des israelitischen Lehrers und überdies noch die Gelasse für den Gemeinderath. Eine Synagoge besteht schon längst, die gegenwärtige wurde 1823 in einfachem Stil erbaut.

Mit gutem frischem, jedoch etwas kalkhaltigem Trinkwasser, das 6 laufende und ein Pumpbrunnen liefern, ist der Ort reichlich versehen; auch die Markung hat einige Quellen, unter denen der Ursprung der Eger die bedeutendste ist; das frische klare Wasser derselben enthält sehr viele Kalktheile, die sich in der Nähe der Quelle als Kalktuff massenhaft ablagern und dort gewonnen werden; der Ruhrbrunnen führt vorzügliches Wasser und eine Quelle im Rohr versieht sämtliche Brunnen des Orts mit Trinkwasser. Im Ort mündet der von Röttingen herkommende Schenkenbach in die Forellen führende Eger, in welcher der Fürst von Wallerstein das Fischrecht

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0192.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)