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gothisches Steinbild, Ritter S. Georg den Lindwurm tödtend, mit der Inschrift: hoc opus composuit generosus dns dns udalricus comes de ötingen post .... sui dominy. anno dni 1436.

Gegenüber dem Thorweg führt im innern Hof ein prächtiges modernes Portal von sehr großen Verhältnissen, von edlem antikem Stil und mit hohen Säulen geschmückt, in das schöne Treppenhaus des Hauptgebäudes, sog. Fürstenbaues, in dem sich die verschiedenen zahlreichen Gemächer (über 50 an der Zahl) befinden, Räume, sowohl wegen ihrer architektonischen Ausschmückung, ihrer schönen Ölgemälde, als auch wegen ihrer Möblirung in hohem Grad besuchenswerth. Man staunt über die reich bemalten und stuckirten Decken, sowie über die große Auswahl ganz trefflicher mit kostbaren Hölzern, mit Elfenbein, Perlmutter, Silberblech, vergoldetem fein cisilirtem Messing u. s. w. eingelegter Möbel im Renaissance- und Rococogeschmack, unter denen sich ein Schrank vom Jahr 1576 besonders auszeichnet. Die meiste Pracht entfaltet der große mit korinthischen Pilastern ausgegliederte Rittersaal, der eine herrliche Stuckdecke besitzt und vor einigen Jahren wieder ganz hergestellt wurde. Auch die in fast überreichem Rococo gehaltene, rechts vom Thorweg gelegene große Schloßkapelle ist sehr sehenswerth, sie ist dem heil. Georg geweiht und zeigt über einem ihrer Thüren das Jahr ihrer Erbauung: 1725. Im Fürstenstande befanden sich früher schöne altdeutsche Gemälde, beschrieben von Merz im Kunstblatt zum Morgenblatt, 1847. Nr. 4.; an ihre Stelle ist in neuerer Zeit ein moderner Flügelaltar mit sehr schönen Kupferstichen, die Kreuzabnahme von Rubens etc., getreten. Auf dem aus der Mitte des Schlosses hervorragenden, mit einer Kuppel bedeckten runden Thurme hängen zwei 1791 gegossene Glocken. Der im Schloß befindliche sog. Eselsbrunnen ist 350′ tief.

Entzückend ist die Aussicht von den Fenstern des Schlosses aus, sei es gegen den kräftig geformten Rand der Alb (Herdtfeld) hin, oder in das weite fruchtbare, Städte- und Dörfer-reiche mildumränderte Riesbecken, oder über den Virngrund hinweg in das fernhin sich dehnende fränkische Land. Auch der Vordergrund spricht sehr an mit seinen üppigen saftgrünen Waldbezirken und Wiesengründen, die so schön vertheilt sind und aus denen die großen kantigen kahlhäuptigen Gestalten des Ipf’s und anderer Albvorberge ernst und einsiedlerisch aufsteigen. Um das ganze im Äußern sehr einfach gehaltene Schloß gehen Parkanlagen, tiefschattige Linden- und Kastaniengänge, die, oft liebliche Ausblicke gewährend, in Wiesenpläne oder in’s Waldesdickicht verlaufen.

Gutes Trinkwasser liefern 7 öffentliche Brunnen (3 laufende, 3 Schöpf- und 1 Pumpbrunnen), überdieß sind noch mehrere Privatpumpbrunnen vorhanden. Auf der Markung entspringen der

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0200.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)