Seite:OberamtNeresheim0219.jpg

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Früher bestanden hier noch die Nikolaikirche, jetzt Spital, die Heiliggeistkirche und die Johanniskapelle, jetzt Privathäuser.

3. Das Stadtpfarrhaus, mit Ökonomiegebäude, Hof und Garten, steht nahe (östlich) der Kirche unfern der ehemaligen Stadtmauer.

4. Das an der Hauptstraße gelegene Amthaus (ursprünglich Adelmann’sche Haus) enthält im obern Stockwerk die Wohnung des Diakon, das untere Stockwerk ist zur Stadtschultheißenamts-Kanzlei eingerichtet, früher war hier die Syndikats-Kanzlei und im obern Stock die Wohnung des Syndikus.

5. Das 1585–86 im einfachen Renaissancestil auf der Stelle des früheren erbaute Rathhaus liegt auf dem seit 1643 gepflasterten Marktplatz und hat an der Westseite ein steinernes Wendeltreppenthürmchen, und über dessen Eingang das Bopfinger Stadtwappen; seine Schauseite war ursprünglich mit Allegorien bemalt. Das stattliche Gebäude enthält im unteren Stockwerk die Fruchtschranne, das zweite Stockwerk wird gegenwärtig ebenfalls zur Schranne hergerichtet und im dritten Stockwerk befindet sich der Rathhaussaal mit getäfelter Holzdecke und hübschem Eingang, der die Jahreszahl 1586 trägt. An der westlichen Wand des Saals sieht man eine Steintafel mit vier Figürchen geschmückt und mit folgender Inschrift:

Als man zalt nach der Geburt unsers Seligmachers Jesu Christi 1585 ist diss Haus zu bawen durch die Gnade Gottes angefangen und folgendes 86. Jahr glicklich vollendet war. Hierauf folgen die Namen der damaligen Behörden und des Baumeisters, Wolfgang Waldberger, Burger und Werkmaister zu Nördlingen.

Ferner:

Wo seind die vor Euch allgemein
schön, starckh, reich, weis, glert gwesen sein,
Ich habs darvon, hie wart ich drauf,
Bis euers jeden stund auslauf.
Urthl nit auf eins mans Clag,
Her vor was der ander sag.
Eins mans red ein halben red,
man sols hern bed.

Ein Zimmer neben dem Saal enthält eine schön kassettirte Holzdecke.

Überdieß ist noch zu erwähnen ein sehr hübsch getäfelter Gang mit einer Thüre, an welcher steht: Gotts Wort bleibt in Ewigkeit. 1586. Der Nordgiebel enthält eine künstliche Uhr. In früherer Zeit war im Erdgeschoß die Kornschranne, Stadtwaage (das Recht wurde von den Herrn von Bopfingen erkauft) und Fleischbank. Der große Boden im zweiten Stock diente nicht allein zu Bürgerversammlungen, sondern auch als Tanzboden und gelegentlich als Kramplatz. Im Rathhaus war auch die Waffenkammer der Stadt und ihr Archiv;

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)