Seite:OberamtNeresheim0238.jpg

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46 sollen „um ihres kleinen Verstands und Armuth willen fleißig aufmerken auf andere Hochverständige und sollen bitten, die von Bopfingen als neue und junge Religionsverwandte gnädig zu bedenken.“ Am 25. Nov. wurde eine Schaar niederländischer Reiter mit Hilfe der flochberger Besatzung zurückgeworfen, am 26. kam der Kaiser selbst mit seinem Heerhaufen. Nun ergab sich die Stadt und muß 300 fl. zahlen, die Spanier aber plünderten, tödteten und verwundeten, schändeten und mißhandelten die Bevölkerung in einer Weise, daß Karl V. selbst gesagt haben soll: Par Dio, dem Städtlein haben wirs grob gemacht. Der Bischof von Augsburg drang 1548 auf Annehmung des Interim und die Stadt beugte sich, bat auch gerade den Bischof um Fürsprache beim Kaiser, als er sich 1550 wieder näherte mit Kriegsvölkern.

Karl V. reformirte nun auch 1552 die Verfassung. Statt eines Bürgermeisters jährlich wechselnd, waren früher schon 3 Bürgermeister, im Jahre wechselnd, gewählt worden, welche mit den 2 ältesten Rathsherrn „Geheimen“ den engeren Rath bildeten, dazu 7 Rathsherrn und der Stadtschreiber (bisweilen auch Kanzler z. B. 1479/80) oder Syndikus, ein Mann von der Feder, während alle übrigen Bürgersleute waren. Der Kaiser ordnete nun an, daß die Bürgermeister und Geheimen katholisch sein sollen, oder dieser wahren Religion am nächsten. Wer einmal gewählt ist, soll nicht mehr entsetzt werden; die altherkömmliche jährliche Wahl wird blos noch pro forma (um Lichtmeß) vorgenommen durch 2 Geheime und 3 Rathsherrn, der gesamte Rath wählt gleich einen Ersatzmann aus der Bürgerschaft und theilt die Würden aus, aber auch ohne Wechsel, wo nicht außerordentliche Umstände wären.

Der Rath ist die hohe Obrigkeit, übt die Gerichtsbarkeit, verwaltet die Stadt und die öffentlichen Einkünfte; die Besoldungen waren klein, aber ein paar Mahlzeiten gebräuchlich, ein Fischessen und ein Hahnenessen im Spital. Der Syndikus führt Protokoll, macht die Schreibereien und hat berathende Stimme. Das Siegel der Stadt (z. B. 1284 ff. genannt) zeigt den einköpfigen Reichsadler, in spätern Zeiten mit einem blauen Herzschildchen, worauf eine goldene Hafte. Zu den Rathssitzungen erschien man (1607) mit einem Degen an der Seite. Die althergebrachten Ordnungen und Gewohnheiten der Stadt waren zusammengestellt in einem „Merzending“ oder „Merzenrecht“ (weil jährlich am 1. Merz verlesen), das 1550 und 1750 revidirt und hie und da mit Zusätzen bereichert worden ist (19 Abschnitte: von Bürgerannahme, Heiraten, Kindern, Steuer, Käufen und Verkäufen, Landgütern, Verpfändung, Vergantung, Inventuren und Theilungen, Bürgerwache, Handwerken, Umgeld, Waage und Maß, Schatzung und Geschau, Hirtenamt, Bauamt, Feueranstalten, Zoll, Polizeiordnungen). Besondere Ordnungen gab es noch für den

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0238.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)