Seite:OberamtNeresheim0239.jpg

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Bürgereid und die Steuerangelobung, eine Eheordnung (vor 1611) u. a. m. Ein besonderer Amman wurde 1655 wieder – nach langer Zeit – aus dem Rath erwählt, gewöhnlich der jüngste Rathsherr, welcher zugleich Lieutenant der Stadtmiliz ist und polizeiliche Funktionen hat und einem untergeordneten „Stadtgericht“ mit 3 Assessoren aus der Bürgerschaft präsidirt, auch die Jurisdiction über die Unterthanen auf dem Lande besorgt. Die sämtlichen Rathsmitglieder theilten sich in ein Kriminalgericht, Einigungsgericht, Steuergericht, Theilungsgericht, Untergangsgericht; es bestand eine Bierschatzung und Brodschatzung u. dgl. m. Bei Rechtsfragen consultirte man auswärtige Juristen, gewöhnlich zu Nördlingen und ließ sich durch solche Consulenten auch auf Reichs- und Kreistagen vertreten, wo Bopfingen die 37ste resp. 27ste Stelle einnahm.

Die bewaffnete Macht der Stadt bestand früher aus Doppelsöldnern mit Rüstung, Schlachtschwertern und Hellebarten und aus Hakenschützen theils mit, theils ohne Sturmhüte, wozu noch einfache Knechte ohne Rüstung. Späterhin stellte die Stadt Hellebardire, Musketire und einige Mann mit Schlachtschwertern (noch 1665). Zuletzt ist zu unterscheiden zwischen den Contingentssoldaten (2 Dragoner und Infanterie, 1 Korporal, 1 Gefreiter, 11 Gemeine bei Regiment Württemberg und Baden-Durlach) und der Bürgermilitz, befehligt vom Stadtamman. Unter jedem Thor waren als Wache 1 Soldat und 2 Bürger, alle zusammen unter 1 Wachtmeister. Die Bürger übten sich einigermaßen in den Waffen durch Scheibenschießen und es wurden hie und da öffentliche Schießen gehalten und Musterungen vorgenommen. Natürlich war Bopfingen nicht im Stande, unter den neueren Kriegsverhältnissen einem ernstlichen Feinde zu widerstehen, wie schon der 30jährige Krieg mit Schrecken zeigte. Finanziell hatte sich die Stadt erholt, auch 1626 einen kaiserl. Schutzbrief erworben und zuerst machten bloße Durchmärsche nicht zu viel Beschwerde.

Nach dem Restitutionsedict wurde auch Bopfingen von einer kaiserl. Commission heimgesucht und bei ihrem Sträuben durch öttingenschen Landsturm 1.–8. Nov. 1630 blokirt und zur Ergebung genöthigt. Das Jahr 1631 brachte massenhafte kaiserl. Durchmärsche und Quartiere, 1632 und 1633 die Schweden mit neuen Anforderungen; 1634 zieht das ganze Heer Herzog Bernhards von Weimar zum Entsatz von Nördlingen herbei und schlägt auf dem Breitwang sein Lager; nach verlorener Schlacht dauert die Plünderung und Mißhandlung in Bopfingen wochen lang fort; durch Seuchen und Flucht nahm die Bevölkerung um 2/3 ab, grade aber die grassirende „Pest“ bewahrte einige Zeit vor weiterer Einquartierung u. s. w. Das Jahr 1635 brachte nochmals eine Plünderung durch kaiserl. Reiter, aber auch den Prager Frieden, der Bopfingen einschloß. Auch weiterhin nahmen die Durchzüge und Requisitionen kein Ende und die Unsicherheit war

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0239.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)