Seite:OberamtNeresheim0340.jpg

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und nur der östlichste zeigt noch das alte Agnus Dei. Auch stehen im Ost- wie im Westchor hübsche spätgothische Chorstühle, an die in der Nördlinger Georgenkirche erinnernd. Und endlich besitzt der Ostchor steinerne Grabmäler, worunter die des Stifters und der Stifterin der Kirche, vielleicht des Grafen Friedrich und seiner Gemahlin, (s. auch S. 348) von hohem Kunstwerthe; sie sind hinter dem Hochaltar in die Nordostwand des Chors eingemauert und haben noch die so selten erhaltene alte Bemalung.

Der Stifter, in einfachem Panzerhemd, das edle Gesicht mit blauen Augen, ruht mit dem Haupt auf dem Helm und hält in der Hand das Kirchenmodell, zu seinen Füßen ein Löwe; am Rand umher steht in prachtvoller tief eingegrabener vergoldeter Majuskelschrift: Anno. domini. 1358. wart. gelegt. dis. s(tein an diser cape)lle. herre. von. otingen. ligent.

Die Stifterin, eine reizend bewegte Gestalt in enganliegendem versilbertem Kleid, mit sanftschönem umschleierten Antlitz und vergoldeten Haaren, auch sie trägt das Kirchenmodell, zu ihren Füßen zwei Hunde; am Rand umher steht in derselben Schrift: Anno. domini. 1358. wart. gelegt. dis. st(ein an diser cape)lle. frawe. von. otingen. ligent. Beide Bildwerke geben wieder ein sprechendes Zeugniß von der hohen Ausbildung der deutschen Bildhauerei in jener frühen Zeit.

Ein weiteres an der Chorwand stehendes, auch bemaltes Grabmal hat die Umschrift: Anno domini 1430 obiit generosus dns ludivicus comes de otingen; der Graf, in voller Rüstung und mit derbem ausdrucksvollem Gesichte, steht auf einem Löwen, legt die linke Hand an das lange Schwert und greift mit der Rechten in seinen langen schwarzen Bart.

An der Nordwand zieht sich, wie ein Seitenschiff, eine große mit spätgothischen Netzgewölben überspannte Kapelle hin, welche einen Rococoaltar mit einer schönen Pieta enthält, sowie das treffliche gothische Holzbild der h. Anna, das von einem prächtigen mit Heiligenbrustbildern besetzten Blattgeschlinge im Renaissancestil umrankt wird. Darunter sieht man an der Wand eine mit zwei Wappen gezierte Grabplatte: 1559 den 25 may starb die edel und tugetsam frau anna von demenstain geborene lenin. der selen got genad. Anno 1575 den 13. tag februarius Starb der Edel und vöst Christoff von Demenstein. der selen got genad.

In dem auf Holzsäulen ruhenden Nonnenchor, wo die sehr gute 1756 angeschaffte, mit 27 Registern versehene Orgel steht, befindet sich eine sehr schöne Holzschnitzerei aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts, die Krönung Mariä durch Gott Vater und Christus; hinten halten vier Engelchen einen prachtvoll gemusterten Teppich. Ferner sind hier zu nennen einige gothische Holzfiguren, St. Brigitta, eine

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0340.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)