Seite:OberamtNeresheim0363.jpg

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Grund zu graben und 1750 den vierten Juli, als am Tage des h. Ulrich, legte Aurelius den Grundstein; er brachte den Bau noch zu einer ansehnlichen Höhe und sein Nachfolger Benedikt nahm sich desselben mit gleichem Eifer an. Leider aber starb schon frühzeitig der Baumeister (1753) und die Kirche wurde nun unter der Leitung anderer, auch sehr tüchtiger Baumeister, namentlich Widemanns von Donauwörth und Kellers aus Gmünd, fortgesetzt und im Jahre 1777 den 5. Oktober die noch nicht ganz vollendete Kirche von Abt Benedikt Maria feierlich eingeweiht (s. auch Reichsstift Neresheim, Kurze Geschichte dieser Benediktinerabtey, etc. 1792.

Die Schauseite der Kirche, auf einer 11′ hohen schön geländerten Treppenanlage in den Schloßhof vortretend, zeigt eine bedeutende zweistockige Anordnung in ziemlich edlem Rococostil und in schönem braungelbem Tuffstein sorgfältig ausgeführt. Es sind zwei hohe korinthische Pilasterstellungen übereinander, tüchtige Gesimse tragend. Der mittlere Theil der Fassade rundet sich schwachgewölbt hervor und endigt in einen Giebel, hinter dem ein geschmückter Aufsatz hoch emporsteigt. Dieser trug einst ein kolossales über 30 Centner schweres Steinkreuz, das in der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 1797 der Sturm herunterwarf. Auf den Ecken der Fassade erheben sich thurmartige mit Vasen bekrönte Ansätze und neben dem Eingang laufen statt der Pilaster Säulen hinauf und tragen, mit ihrem Gebälk sich verkröpfend, die Bildsäulen der beiden Schutzheiligen der Kirche, gefertigt von Michael Fischer von Dillingen 1767. Die Fenster und der Eingang sind rundbogig und über letzterem steht: Haec est domus Dei 1777 und in dem Fenster darüber sieht man oben das Wappen des Abtes Benedikt Maria ausgehauen. Die übrigen Seiten der mehr als 300′ langen Kirche sind ganz schmucklos, dagegen erhebt sich an der Südecke der Fassade, etwas zurückstehend, der 230′ hohe Thurm, ein schönes und eigenthümliches Bauwerk. Seine fünf unteren Geschosse wurden 1618 unter Abt Benedikt Rohrer von Peter Schwarz ganz aus Quadersteinen aufgeführt; der Thurm erreichte damals eine Höhe von 165′, war mit 5 Glocken versehen und erhielt den 4. November 1627 den großen vergoldeten Knopf samt Kreuz aufgesetzt. Damals stand noch die niedrige alte Kirche und zwar auf der Südseite des Thurmes. Im Jahre 1789 ließ jedoch Abt Michael denselben (wohl auch um ihn neben der neuen nordwärts angebauten Kirche nicht zu niedrig erscheinen zu lassen), um 20′ erhöhen und eine 36′ hohe mit Laterne bekrönte Kuppel daraufsetzen. Baumeister war Anton Kapeller aus dem Lechthal in Tyrol. Der Thurm, unten herauf mit 10′ dicken Mauern, zeigt eine Mischung von romanischen, gothischen und Renaissanceformen und zwar so, daß die romanischen den Haupteindruck bestimmen. Man wollte ohne Zweifel mit der damals noch stehenden alten Kirche möglichst im

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0363.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)