Seite:OberamtNeresheim0365.jpg

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verglichen, das möglichste leistet an lichtvoller und erhabener Weite, deßgleichen an gefälligem Gange der Linien und an wohlthuender Einfügung von Werken der Skulptur und Malerei; ja und eben die hier angebrachten Fresken tragen ihrerseits noch mächtig zur Vergrößerung des Raumes bei, indem sie Ausblicke fast ins Unendliche eröffnen und selbst wieder riesenhafte Bauten schauen lassen, die ganz ungezwungen mit der wirklichen Architektur zusammengehen. Dann sind die Wände mehrfach aus- und eingeschwungen und zwar so, daß sie viel mehr scheinen als sie sind, daß sie eine viel größere Tiefe vorgeben, als sie in Wahrheit haben. Freilich sind manche dieser Linien (zumal die Scheidebögen) doppelt geschwungen, aber nur auf diese Weise war es möglich, so licht und luftig, so kühn und gefällig Kuppel an Kuppel zu ketten. Bei Allem dem aber ist nicht zu läugnen, daß die Wirkung der Architektur wie der Gemälde etwas Theatralisches hat, was auf der äußersten Ausnützung der technischen Effektmittel beruht, und die strenge Schönheit eines in einem der früheren Stilen aufgeführten Baues wird doch vermißt.

Im Ganzen sind es sieben Kuppeln, von denen fünf auf die Mittelaxe, drei (die mittlere wiederum gezählt) auf die Axe des Querschiffes kommen, das gerade in der Mitte das Haupt(Lang)schiff durchsetzt. Überhaupt herrscht in der ganzen Anlage eine große Regelmäßigkeit; sie bildet ein Kreuz mit kurzen Querarmen und langen, und zwar gleich langen Längenarmen; in der Mitte dominirt eine riesige elliptische Kuppel, 86′ lang, 72′ breit, an sie reihen sich in den Längenarmen je zwei Rundkuppeln von 50′ Durchmesser, in den Querarmen je eine schmal elliptische Kuppel von 25′ Tiefe bei 50′ Breite; und es ergibt sich eine gesamte lichte Länge des Langschiffes von 296′, des Querschiffes von 126′ bei einer Höhe von 105′ (Hauptkuppel) und 72′ (in den übrigen Kuppeln). An den Wänden ziehen sich zwei Reihen großer rundbogiger Nischen hin, durch Gänge, die in der Mauerdicke liegen, mit einander verbunden; die oberen Nischen haben eine Balustrade und bilden Emporen, und in sie münden die großen tiefeingeschrägten Fenster; so dringt alles Licht aus den Nischen hervor und die eigentlichen Fensteröffnungen sind zumeist verdeckt; und darum waltet eine gleichmäßige herrliche Helle durch den ganzen in Farben und Vergoldung so reich erschimmernden Raum. Freilich verliert die harmonische Schönheit der Farbenwirkung durch die vollständige weiße Betünchung der Säulen und Wände. Durch Vergoldung der Kapitelle und Füße der Säulen und Pilaster, und sonstige leichte Farbengebung würde der Raum noch schöner und einheitlicher werden.

Die Hauptkuppel ruht auf vier Paaren freistehender korinthischer Säulen, die übrigen ruhen auf der an den geschwungenen Wänden hinziehenden reichen korinthischen Pilasterstellung. Ein prächtiges

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0365.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)