Seite:OberamtSchorndorf0107.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Übergabe der Stadt, die Männer durch ihren Muth kräftigend. Die Bürgermeisterin, welche im Ofen der Rathsstube versteckt die beabsichtigte Übergabe der Festung erlauschte, soll ihrem Manne mit dem Tode gedroht haben. Zwei Tage und drei Nächte hielten die Frauen das Rathhaus und die Thore besetzt und die herzoglichen Abgeordneten in Gewahrsam, weil sie von ihnen befürchteten, sie wollen die Übergabe vermitteln. So wich wirklich Melac von Schorndorf zurück, noch ehe die Kriegsvölker anrückten, welche das Land von Feinden reinigten. [1]

Im Juli 1693 hatte die Festung Schorndorf, in welche sich damals der württembergische Oberst Carlin von Sommariva mit seinen wackern Dragonern, den Franzosen ausweichend, zurückgezogen hatte, die Ehre, genannte Reichsfeinde vor ihr abziehen zu sehen (v. Martens 536).

Auch im spanischen Erbfolgekrieg tritt ein militärischer Punkt wie Schorndorf wieder hervor; im Anfange des Jahrs 1703 vereinigten sich hier die Truppen des schwäbischen Kreises mit denen Herzog Eberhard Ludwig’s. Am 2. Juni 1707 schlug das deutsche Heer unter Anführung des Markgrafen Ernst von Baireuth auf seinem Rückzuge vor den Franzosen, bei Schorndorf ein Lager, welches es aber alsbald wieder verließ. Doch blieben in Schorndorf 400 Mann zurück unter Befehl des Oberstlieutenants d’Aston; derselbe beantwortete die Aufforderung zur Übergabe, welche der französische Brigadecommandant l’Isle du Viguier an ihn machte, mit Geschützfeuer, wodurch Viguier selbst seinen linken Fuß verlor (10. Juni 1707). Am 11. Juni durch 200 Mann verstärkt, sah die Besatzung wenige Tage darauf den französischen General St. Fremont mit einer Abtheilung Reiterei vor der Stadtmauer und erhielt abermalige Aufforderung zur Übergabe. Auch jetzt wieder wurde mit Kanonenfeuer geantwortet, aber die Belagerung wurde ernster. Bei der Ziegelhütte, unweit des Ottilienbergs, pflanzten die Franzosen eine Batterie von fünf Geschützen auf und bedrängten – nur noch 50 Schritte vom Stadtgraben entfernt – dermaßen die Stadt, daß der Commandant zu einer Übergabe, bei welcher er anständige Bedingungen herausschlug, gezwungen war. Am 15. Juni 8 Uhr Morgens hielt der französische Marschall Villars seinen Einzug in die Stadt, welche am 17. Juni 4–500 Franzosen unter Oberstlieutenant de Billy, und am 21. Juni noch dazu 150 Dragoner zur Besatzung erhielt. Dieser Besuch der Franzosen, wenn sie gleich schon am 30. Juni wieder abzogen, kostete die Stadt 286.000 fl. Es war das letzte Mal, daß Schorndorf als Festung behandelt wurde (v. Martens 607–9. 613).


  1. Vergleiche: Der durch das Schorndorfische und Göppingische Weiber-Volk geschüchterte Hahn. O. O. und J. 4°. (Abel, Jac. Fried., † 1829 als Prälat.) Geschichte des Einfalls der Franzosen in Württemberg i. J. 1688. 1794. 8°.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Schorndorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1851, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtSchorndorf0107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)