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17. Der Hecht (Esox lucius L.), der gewandteste und gefräßigste Räuber des Süßwassers, wird wegen seines wohlschmeckenden Fleisches, von dem jetzt in Tuttlingen das Pfund mit 1 Mark bezahlt wird, während es in den fünfziger Jahren noch 9 Kreuzer galt, eifrig verfolgt. Sein fernerer gedeihlicher Fortbestand ist durch den unerschöpflichen Reichthum an „Weißfischen“, namentlich Nasen, gesichert. 20pfündige Exemplare sind gerade keine Seltenheit, und am Schillerjubiläum, den 10. November 1859, schmückte ein 36 Pfund schwerer Hecht, der Tags zuvor unweit der Stadt gefangen worden war, die Festtafel.

18. Die Grundel (Cobitis barbatula L.) soll früher häufiger gewesen sein, bei der Tuttlinger Brücke wird sie von den Buben unter Steinen noch regelmäßig gefangen.

Zum Schluß erwähne ich noch das Flußneunauge (Prike, Petromyzon fluviatilis L.), das sich im Donaugebiet findet und nach Siebold im ausgewachsenen Zustand eine Länge von meistens 12–15 Zoll, selten bis 18 Zoll erreicht. In unserem Bezirk habe ich den Fisch nirgends gesehen. Nun aber versicherten mich zwei kundige, mit den Fischen wohl vertraute Männer, daß vor etwa 7 Jahren ein kleiner ungefähr 1/2 Pfund schwerer Aal bei Ludwigsthal und vor etwa 5 Jahren ein größerer 1–11/2 Pfund wiegender bei Fridingen in der Donau gefangen worden und daß beide Exemplare von ihnen unzweifelhaft als Aale erkannt worden seien. Bekanntlich ist das Vorkommen dieses in Betreff seiner Fortpflanzung heute noch räthselhaften Fisches im Donaugebiet nirgends mit Sicherheit nachgewiesen. Ob nun in den beiden eben genannten Fällen eine Verwechslung vorliegt[1] – und eine solche wäre beinahe einzig möglich mit dem Neunauge – ist natürlich jetzt nicht mehr zu entscheiden.

V. Insekten[2]. Für den Insektensammler ist die hiesige Gegend ein dankbares Feld, besonders reich an Käfern und Fliegen.


  1. v. Siebold sagt: „Es muß auffallen, daß nach der Angabe verschiedener Zoologen die Donau und ihre Nebenflüsse Aale besitzen sollen. Ich habe es mir angelegen sein lassen, diesen Angaben näher nachzuspüren und bin zu der Überzeugung gekommen, daß dieselben auf Mißverständnissen oder Verwechslungen beruhen.
  2. Es existirt für die Tuttl. Umgegend in weiterem Sinn ein altes, aber heute noch sehr brauchbares Verzeichnis von Roth v. Schreckenstein: „Verzeichniß der Insekten vom Bodensee, der Schmetterlinge, Käfer, Halbflügler, Netzflügler, Wespen, Wanzen und Fliegen, welche um den Ursprung der Donau und des Neckars, dann um den unteren Theil des Bodensees vorkommen.“ Stuttg. u. Tüb. 1802, Cotta. Tuttlingen ist in demselben als Fundort oft genannt.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0079.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)