Seite:OberamtTuttlingen0118.jpg

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Stamm und Eigenschaften der Einwohner.[1]


Die geschichtlich bekannten ältesten Bewohner des Oberamtsbezirks, wie des ganzen südlichen Theiles von Württemberg und dem angrenzenden Baden bis zum Rhein, gehörten dem alemannischen Stamme an. An drei Stellen des Bezirks wurden Überreste desselben aufgefunden: am Anfang der 1830er Jahre und 1874–76 in Tuttlingen; in den Jahren 1841/4 bei Oberflacht; in Wurmlingen bei dem Eisenbahnbau 1866/68 unterhalb des Orts, da wo die Eisenbahn das in die Baar führende Sträßchen schneidet. (Siehe den Abschnitt Alterthümer.)

Trotz der im Laufe der Jahrhunderte stattgefundenen Vermischung in Folge von Einwanderung, Eroberung etc. ist der germanische Typus noch immer der vorherrschende, namentlich in der Baar, wo die „Blauäugigen und Blonden“ entschieden in der Mehrzahl sind.

Beschäftigung. Die Bevölkerung des Bezirks ist eine vorherrschend ackerbautreibende; in der Oberamtsstadt blüht die Industrie, namentlich das Kleingewerbe. Unter den zahlreichen Handwerkern kommen der Zahl nach zuerst die Schuhmacher (355 nach der Steuerschätzung pro Juli 1877), dann die 160 Messerschmide und das seit etwa 10 Jahren aufblühende Gewerbe der chirurgischen Instrumentenmacher, 52 Strumpfweber fabriciren wollene Jacken, Juppen und Strümpfe. Ferner 41 Rothgerber und eine kleinere Anzahl Weißgerber. Endlich produciren 46 Bierbrauereien ein zwar nicht immer gutes, aber sehr billiges Bier (10 Pf. kostet das halbe Liter Lagerbier), wovon viel nach Baden ausgeführt wird. Die Mehrzahl der Gewerbetreibenden kultivirt nebenbei die Landwirthschaft. Die älteren vermöglich gewordenen Leute verkaufen meist ihre Äcker und Felder wieder, und so ist jungen strebsamen Leuten stets Gelegenheit geboten, Grund und Boden sich zu erwerben. Zu Tuttlingen gehören noch 3 Spinnereien, die Fabrik Donaufeld (Firma Karl Dorner), die Kauffmannische Fabrik bei Wurmlingen, die Spinnerei von Storz im Bärenthal, und das K. Hüttenwerk Ludwigsthal. Von Industrie auf dem Lande ist zu nennen die Fabriken von Mund-Harmonikas und Uhrengestellen für Schwarzwälderuhren in Trossingen, Thuningen, Thalheim und Schura. Drei Fabriken von Regulatoren


  1. Der erste Theil dieses Abschnitts vom Physikatsverweser Oberamts-Wundarzt Dr. Kapff.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0118.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)