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als zur Härte neigende Gemüthsart unseres Volkes widerstrebt. Ob das Lob, welches Tacitus der guten deutschen Sitte zollt, auch noch allenthalben auf den Verkehr der Jugend und die Gründung der Familie Anwendung findet, läßt sich hier nicht genauer erörtern. Zur Erklärung vorhandener Mißstände müßten wir aber auf die allgemeine politische und Kultur-Geschichte unseres Volks verweisen; auch können wir denen nicht beistimmen, die gerade die neueste Zeit der Verschleuderung des sittlichen Kapitals unseres Volkes anklagen. Neben dem Schatten fehlt auch das Licht keineswegs, und gerade der Hauptort unseres Bezirks geht mit löblichem Beispiele voran. Leicht mag dies neben anderem auch mit dem reicheren Genusse der Geselligkeit zusammenhängen, der hier geboten wird, zu dem ein ausgebildetes Gewerbsleben von selber hinführt, und den man sich in Tuttlingen nicht leicht entgehen läßt, ob man auch um der männlich derben Form dieser Geselligkeit willen zuweilen der Ironie des mehr weiblich fühlenden Landbewohners verfallen mag. Denn was sich liebt, das neckt sich. – Und so schließen auch wir diese bescheidene Skizze mit dem freundlichen Gruß an unsere lieben Landsleute: lebet wohl und zürnet nicht!




Von Volkssagen[1] haben wir noch manche, zum Theil in urgermanische Zeiten zurückreichende, in mehr oder minder verdunkelter Fassung, zu verzeichnen; wir geben sie hier zumeist als Auszüge aus den Sammlungen von E. Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, 1852, sowie von A. Birlinger, Volksthümliches aus Schwaben, B. I u. II, 1861 und Aus Schwaben, B. I und II, 1874. Die aus Meier entlehnten sind mit M, die aus Birlinger mit B bezeichnet.

Das Muotesheer (Muotisheer) zieht über Wurmlingen und den Heuberg, man hört eine wunderschöne Musik in den Höhen, wie von tausend Instrumenten. Auf dem Heuberg zieht ein guter Geist vor dem Heere her und ruft beständig:

„Außem Weg, außem Weg!
 Daß Niemand beschädigt werd!“ (M und B.)

Auf Wuotan deuten die Sagen vom Lapphut oder Breithut auf dem Konzenberg, dem Schlapphut im Ursulenthal bei Wurmlingen.


  1. Von Professor Dr. Paulus.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0133.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)