Seite:OberamtTuttlingen0151.jpg

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in einem Häuflein auf, zünden ein Wachslichtlein an und beten fünf Vaterunser und den Glauben recht andächtig. (B.)

Wenn nach einer h. Messe für die armen Seelen die Altarlichter ausgelöscht werden, so steigen, während es noch raucht, fortwährend Seelen aus dem Fegfeuer. (Wurmlingen, B.)

Wenn die Lichter bei einer Trauung ruhig brennen, so bedeutet das eine ruhige und friedliche Ehe; flackern und zittern sie aber, so gibt es Unfrieden. (Fridingen. M.)

In Rietheim werden am ersten Mai den Mädchen von ihren Verehrern „Maien“, d. h. Tannenbäume, vor die Häuser gesteckt.

Der alemannische Name für Sarg ist „Todtenbaum“, heute wie vor alter Zeit im Brauche. „Mit dem Doddabom renna“ sagt man in der Baar für „mit der Leiche gehen“, (B.) Wenn von einem Hause Jemand stirbt, so rüttelt man im Keller Weinfaß und Krautstande, damit der Wein oder das Kraut nicht „abstirbt“. (Wurmlingen.)

In Thuningen wird bei Leichen von den Verwandten und Bekannten vor dem Trauerhaus „geklagt“, d. h. man reicht den Nächstverwandten die Hand und drückt ihnen seine Theilnahme aus.

Die Glücksruthe muß von einer Haselnußstaude genommen sein und in einem Jahr zwei Zweige, eine Gabel, zu gleicher Zeit und von gleicher Größe getrieben haben; muß dem Priester während der h. Messe unter dem Corporale liegen, unbemerkt, und so geweiht werden. Alle Schätze kann man mit einer solchen Ruthe finden. (Wurmlingen, Tuttlingen. B.)

Die Blüthe des rothen dreiblätterigen Klee’s heißt in Fridingen „Frauenbrot“, d. i. Brot für die Mutter Gottes. (M.)

Die Weilheimer heißen „Schneegänse“, weil sie in Streitigkeiten mit den Wurmlingern immer schneegansartige Wachposten und Angriffsweisen entwickelten. Die Renquishauser heißen die „Gulen“, d. h. die Hähne, Gockeler, weil sie aneinander hinauffahren, wie die Hähne, wenn es regnet. Die Neuhauser heißen die „Hagnauß“, die Oberflachter die „Bohnenbuscheln“ und die Tuttlinger die „Schwellenhopper“. (B.) Vgl. auch unten die Mundart.




Die Volkstracht weicht, wie überall, allmählig immer mehr der städtischen, mit Ausnahme von den Orten in der Baar, wo auch die Jugend und sogar schon die kleinen Kinder in der

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0151.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)