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Walzwerk zu erbauen, was im Jahre 1849/50 zur Ausführung kam. Als Motor wurde eine von der benachbarten Maschinenfabrik Immendingen gelieferte Jonval’sche Turbine gewählt. Mit diesem Bauwesen stand die Versetzung der beiden Frischfeuer und die Umwandlung des oberen Aufwerfhammer-Gerüstes in ein Schwanzhammer-Gerüste in Verbindung.

Am 7. Juni 1850 brach in dem Dachstuhl des an das Hammerwerksgebäude angebauten Avant-Korps, in welchem sich die Werksschule befand, ein bedeutender Brand aus, wodurch jener gänzlich zerstört wurde. Besonders bemerkenswerth aber ist der große Wassermangel im Winter 1853/54; die Wasserzuflüsse der Donau, welche bei mittlerem, gerade für den Werksbetrieb zureichendem Stande circa 80 Kubikfuß per Sekunde betragen, fielen bis auf 7 Kubikfuß, so daß bei einem Gefäll von 7 noch eine rohe Kraft von 41/2 Pferden zur Verfügung stand, womit nothdürftig der Hohofen in Betrieb erhalten werden konnte. Noch schlimmer äußerte sich ein durch anhaltend trockene Witterung verursachter Wassermangel, welcher vom Sept. 1857 bis Mai 1858 dauerte und es nothwendig machte, daß der Hohofen 10 Wochen lang gedämpft werden mußte. An dieser so häufig wiederkehrenden Kalamität tragen besonders auch die Wasserverluste schuld, welche die Donau zwischen Immendingen und Möhringen durch Spalten im Flußbett erleidet und welche nachgewiesenermaßen die 3 Stunden entfernte Aachquelle speisen helfen.

Nachdem lange Zeit die Eisenindustrie in einer gedrückten Lage sich befunden hatte, traten vom Jahre 1855 an günstigere Absatzverhältnisse ein, so daß die Verkaufspreise fortwährend erhöht werden konnten. Im J. 1858 hatten sie den höchsten Stand erreicht mit durchschnittlich 8 fl. per Ztr. Ladenguß, 11 fl. 15 kr. für Grobeisen, 12 fl. 15 kr. für Kleineisen und 13 fl. 15 kr. für Nageleisen, worauf wieder eine rückgängige Bewegung begann, welche Anfangs der 60ger Jahre durch die Konkurrenz der rhein. Werke und durch den Ausverkauf der kalt gelegten Fürstenbergischen Werke Hammereisenbach und Rißtorf unterstützt wurde. Gleichzeitig stiegen die Preise der von Privaten angekauften Holzkohlen immer mehr und während noch im J. 1854 die buchenen Kohlen durchschnittlich 2 fl. 13 kr., die tannenen 1 fl. 26 kr. per Zuber à 20 Kubikfuß kosteten, konnten im Frühjahr 1861 die für den Betrieb nothwendigen Kohlen zu den hohen Preisen von 3 fl. 43 kr., beziehungsweise 2 fl. 29 kr. kaum mehr angeschafft werden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0262.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)