Seite:OberamtTuttlingen0280.jpg

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war der Schaden groß. 1704 im April versammelte der in Oberschwaben kommandirende Feldmarschall von Thüngen 11.000 Mann bei Tuttlingen und ließ zwischen Mühlheim und Sernadingen Linien gegen einen Angriff vom Rhein aufwerfen. Am 8. Mai gieng er über Neuhausen, Mühlheim, Tuttlingen in die Gegend von Rottweil zurück, wo die deutschen Truppen sich zusammen zogen, um die Vereinigung der Baiern mit dem Zuzug des Marschalls Tallard zu vereiteln. Dies gelang nicht, der Kurfürst führte sein Heer von Ulm her gegen den Schwarzwald, wo er jenen aufnahm. Am 12. stand er in Tuttlingen und bezog wie schon voriges Jahr im Wirthshaus zum Hirsch Quartier. Im Sommer führte Tallard dem Kurfürsten ein größeres Heer zu, 26.000 Mann. Am 15. Juli stand er vor Villingen, das wieder ruhmvoll vertheidigt wurde. In Folge einer Aufforderung zu schleuniger Hilfe zog er am 21. ab und marschierte am 23. über Tuttlingen. Mühlheim wurde völlig ausgeplündert und abgebrannt. Es folgte die Niederlage von Höchstädt, die den Kurfürsten auf dem Rückzug 20.–24. Aug. wieder nach Tuttlingen brachte. Am 22. verbrannten die Franzosen zu Rietheim 8 Häuser, Wurmlingen wurde von ihnen ausgeplündert. Hier und da rächten sich auch die Einwohner an den flüchtigen Franzosen für die früher erlittenen Mißhandlungen. Dagegen wurden in Bärenthal von Irrendorfer Bauern[1] 4 kaiserliche Soldaten in diesem Jahr erschlagen.

Bei Tuttlingen lag die Donau so voll todter Pferde und todten Viehes, daß ihr Wasser nicht getrunken werden konnte, und 1 Maß Brunnenwasser mit 15 kr., 1 Maß guten Weines mit 5 fl. bezahlt wurde.

Vom polnischen Erbfolgekrieg blieb unsere Gegend unberührt, im österreichischen gab es wieder Durchmärsche. So kam 7. Dez. 1744 der französische Generallieutenant v. Maubourg mit 4 Bataillonen und 16 Schwadronen.

Der durch die französische Revolution angefachte Geist der Unzufriedenheit kam besonders auch in unserem Grenzbezirke wiederholt zum Ausbruch und soll durch Eigennutz und Brutalität der Beamten mitverschuldet worden sein. Ende Okt. 1792 rotteten sich über 500 Manns- und viele Weibsleute in Tuttlingen zusammen gegen den Oberamtmann Spittler, die Schreiber


  1. Die Thäter wurden in Rottenburg gefangen gesetzt, entsprangen aber und suchten in Beuron ein Asyl.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)