Seite:OberamtTuttlingen0284.jpg

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wurde. Es waren zwei Badhäuser da, ferner zwei Schlösser, eines an der Donau, wo jetzt der Fruchtkasten, eines, Burg genannt, hinter der Kirche (Schmid), und ein Amthaus. Die Einwohnerzahl betrug 1622: 1550; 1652: 549; 1739: 1960; 1771: 2365; 1784: 2675; 1797: 3122; 1807: 3641; 1818: 4080; 1826: 4795; 1838: 5570.

Der Obstbau wurde früher stark betrieben. Eine herrschaftliche Schäferei wird 1442 angeführt. Eine Mühle wird schon 797 erwähnt, das Landbuch von 1623 nennt 3 Mühlen an der Donau, eine städtische Sägmühle, 2 Walkmühlen. 1764 errichtete der Banquier Thurneisen von Basel eine Floretniederlage in Villingen, wodurch das Floretkämmen und -spinnen ein Verdienst für ärmere Familien in Tuttlingen und mehreren Amtsorten, besonders Schwenningen, Thuningen, Thalheim, wurde. Ein Herr Bühl von Stein am Rhein errichtete 1775 eine ähnliche Fabrik in Rietheim, wozu später noch mehrere kamen. In der Stadt selbst errichtete Kaufmann Im. Stengelin 1775 die erste, und Alois Weber, Landvogt in Schwyz ließ viele Westentücher, Strümpfe und Handschuhe in Tuttlingen weben. Ein nicht unwichtiger Fabrikationszweig war das Sauerkleesalz, zuerst 1736 von den Apothekern Braun und Megenhart betrieben. 1836 errichteten 6 Bürger die Fabrik Donaufeld. Die Kohler’sche Papiermühle lieferte jährlich 20 Ballen Schreibpapier, 150 Ballen Druck- und 60 Ballen Pack- und Fließpapier. 1830 wurde eine Druckerei errichtet und seit 1. Januar 1831 erschien der Bofinger’sche Grenzbote. Die Messerfabrikation verdankt ihre Entstehung dem Jo. Jak. Storz, der in Frankreich sich ausgebildet hatte und schon 1782 größere Messen mit seinem guten Fabrikate besuchte; ihm folgte 1803 sein Sohn Jo. Georg, beim Tode des Vaters aus Paris zurückgerufen. An sie schloßen sich andere strebsame Meister an. Der Handel war in früheren Zeiten bedeutend. 1413 ertheilte K. Sigmund der Stadt, welche schon damals einen stark besuchten Fruchtmarkt hatte (es fanden sich namentlich viele Schweizer ein) das Recht zu Wochenmärkten, und 1415 zu zwei Jahrmärkten an Jakobi und Martini. 1560 wurde statt des fürstenbergischen das wirtembergische Maß und Gewicht eingeführt. Ein eigenes Landstandsrecht hatte die Stadt seit alten Zeiten. Die freie Pürsch dauerte bis in unser Jahrhundert (s. u.). 1805 bis 1810 bestand ein Oberforstamt mit dem Sitz in Wurmlingen. Von Leibeigenschaft war die Stadt frei. 15. Febr. 1839 wurde Tuttlingen in die erste Klasse der Gemeinden erhoben.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0284.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)