Seite:OberamtTuttlingen0304.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die ursprüngliche Stadt Fridingen bildete annähernd ein längliches Viereck, das mit einer Mauer umschlossen war; von dieser sind nur noch einige Reste sichtbar und ebenso ist der ehemalige Stadtgraben bis auf einen kleinen Theil an der Ostseite verschwunden. Die Stadt hatte zwei Thore, über denen sich Thürme erhoben, das obere und das untere Thor, ersteres an der Nordseite, letzteres an der Westseite. Beide wurden im Jahre 1840[WS 1] abgebrochen. Die Vorstadt bildet eine lange breite Straße an der Nordseite der Altstadt. Die zum Theil etwas baufälligen Häuser zeigen mitunter alten Holzbau oder auch Spuren von Rococobemalung.

Das Wappen der Stadt zeigt den hohenbergischen quergetheilten Schild, dessen unteres Feld in Rauten eingetheilt ist (s. W. Jahrb. 1854 II. S. 134), die Farben sind unbekannt. Die am südlichen Ende des Orts angenehm gelegene, dem h. Martin geweihte Stadtpfarrkirche wurde in den Jahren 1851–1853 unter Bauinspektor Klein von Werkmeister Glantz von Ebingen (jetzt in Rottweil) im neuromanischen Geschmack, mit dem Thurm im Westen und großer, schön wirkender, halbrunder Abside gegen Osten, massiv aus Stein erbaut. An den Langseiten der breiten Kirche laufen zwei Reihen von Rundbogenfenstern übereinander hin; der oben von rundbogigen Schallfenstern durchbrochene Thurm endigt in ein hohes Zeltdach und bildet unten mit seinem ersten Geschoß eine rippenkreuzgewölbte Vorhalle. Das sehr freundliche, lichte, geräumige Innere wird von schlanken, durch Rundbögen miteinander verbundenen Holzpfeilern in drei Schiffe getheilt, welche flache Holzbalkendecken über sich haben; in der halbrunden Chorabside ruht ein Kappengewölbe auf romanischen Knaufsäulen und farbige Glasfenster verbreiten hier ein mildes, feierliches Dämmerlicht. Die drei Altäre sind, wie alles Übrige, im neuromanischen Stil, enthalten aber einige Werke aus früheren Zeiten: so der nördliche Seitenaltar ein spätgothisches originell aufgefaßtes Marienbild (Holzskulptur), der Hochaltar die schönen, gleichfalls spätgothischen Holzstatuen des h. Martin und h. Nikolaus, der südliche Seitenaltar die Holzstatue des h. Sebastian im Renaissancestil. Über dem nördlichen Seitenaltar hängt ein großes, figurenreiches, kürzlich in Rottweil restaurirtes Ölbild aus der Spätrenaissancezeit; an den Wänden des Schiffes sind hübsche neue Stationenbilder angebracht. Die vier Glocken wurden


  1. handschriftliche Ergänzung: 1835 u. 1841
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0304.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)