Seite:OberamtTuttlingen0306.jpg

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alter, eingelegter, leider stark verdorbener Gerichtstisch mit einer Schieferplatte befand sich hier im Saale und eine Karte der Markung vom Jahre 1700.

Bei diesem alten Rathhaus soll früher ein Kloster gestanden sein, ein Gebäude, das in den letzten Jahren abgebrochen wurde.

Auch ein Gemeindebackhaus und ein Waschhaus sind vorhanden, sowie ein Armenhaus; hiezu dient ein Theil des der Gemeinde gehörigen früher von Ifflinger-Granegg’schen Schlosses. Um das Schloß lief einst eine Mauer und noch heute heißt die dahin führende Straße die „Schloßgasse“.

Die Straßen sind gekandelt und chaussirt, Vizinalstraßen führen von hier nach Mühlheim in’s Donauthal gegen Sigmaringen, nach Bärenthal, Irrendorf und Neuhausen ob Eck. Über die Donau gehen eine Holzbrücke und ein auch mit Vieh passirbarer hölzerner Steg, über die Beera vier hölzerne Brücken, sämmtlich von der Gemeinde zu unterhalten.

Die Stadt ist hinlänglich mit gutem Trinkwasser versehen, das aus 15 laufenden Brunnen gespendet wird; als der beste Brunnen gilt der beim Rathhaus. Auch die Markung ist reich an guten Quellen; anzuführen waren der „Heiligenbrunnen“, nördlich vom Ort in der Nähe der Donau entspringend, der „Beckenbrunnen“, der beinahe am obersten Rande des Heubergs entspringt, der „Risibrunnen“, ebenfalls hoch am Berge gelegen, und der „Ramspelbrunnen“, in einem Thalkessel östlich vom Ort, außerdem fließen die Donau und die Beera über die Markung, beide treten zuweilen verheerend aus.

Die gemüthlichen, fleißigen und friedliebenden Einwohner, von denen gegenwärtig 12 über 80 Jahre alt sind, finden ihr Auskommen im Feldbau und Viehzucht, und in den gewöhnlichen Kleingewerben. Schuhmacher, Schlosser und Glaser arbeiten auch nach außen, Leineweberei wird auf Bestellung betrieben.

Es bestehen ferner eine Tuchbleiche, eine Ziegelhütte, eine Wollspinnerei, letztere etwa 30 Minuten von der Stadt entfernt an der Beera, eine Mühle, ebenfalls an der Beera, mit sehr guter Wasserkraft, 4 Mahlgängen, einem Gerbgang, einer Säg-, Öl- und Gipsmühle und 2 Hanfreiben, 8 Wirthschaften, darunter drei Bierbrauereien, und vier Kramläden. Ein Bote fährt von hier nach Tuttlingen.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner gehören zu den mittleren; der Vermöglichste besitzt 30 Morgen Äcker und 20 Morgen Wiesen, der (hier vorherrschende) Mittelmann 8–10

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0306.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)