Seite:OberamtTuttlingen0353.jpg

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Das hübsche Pfarrhaus, das eine herrliche Aussicht gewährt, soll im Jahre 1725 erbaut worden sein; an ihm stehen groß in Holz ausgeschnitzt: Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, ein ziemlich altes Werk und nicht ohne Kunstwerth.

Die Unterhaltung von Kirche und Pfarrhaus ruht auf der Stiftung.

Das 1825 erbaute, zweistockige Schulhaus befindet sich in gutem Zustande; es enthält zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters, der dermalige wohnt in einem Privathause; an der Schule unterrichtet noch ein Unterlehrer. Das ansehnliche Rathhaus, mit einem Thürmchen auf dem First, wurde 1845/47 erbaut und enthält nebenbei eine öffentliche Backküche; auch sind vier öffentliche Waschhäuser und ein Schafhaus vorhanden.

Das Herrschaftsgebäude, die ehemalige Wohnung der Herren von Ulm-Werrenwag, ein langes, einstockiges Haus ohne allen architektonischen Schmuck, ging in Privathände über.

Zwei Vizinalstraßen, eine nach Mühlheim, die andere nach Renquishausen und weiter in das Bärenthal, vermitteln den Verkehr mit der Umgegend.

Das Trinkwasser gewinnt man aus Cisternen, deren 50 im Orte vorhanden sind, die jedoch in trockenen Jahreszeiten versiegen, so daß der Wasserbedarf von der Markung Mühlheim (Zaismerquelle, Wulf- und Mühlbach) bezogen werden muß. Im Ort bestehen 3 sog. Hülben, von denen eine auf dem Platz vor dem Rathhaus sehr beträchtlich ist. Auch die Markung hat keine Quellen und von Bächen berührt sie nur der Lippach; ein periodisch fließender Bach, der sog. Seltenbach, fließt östlich vom Ort durch das Hündlesthal.

Die im allgemeinen geordneten und fleißigen Einwohner, von denen gegenwärtig zwei über 80 Jahre zählen, finden ihre Haupterwerbsquellen in Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe sich nur auf die nöthigsten Handwerker beschränken, von denen die Schuhmacher am zahlreichsten vertreten sind. Überdies liegt nahe am Ort eine Ziegelei, und im Ort sind vier Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, und zwei Kramläden vorhanden.

Die Vermögensverhältnisse sind etwas besser als die der übrigen Heubergsorte; der wohlhabendste Ortsbürger besitzt 96 Morgen Feld und 14 Morgen Wald, die mittlere Klasse etwa 12 Morgen Feld und die minder bemittelte 11/2 Morgen. Auf

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0353.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)