Seite:OberamtTuttlingen0360.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Mühlhausen,
Gemeinde III. Kl. mit 296 Einw., worunter 26 Ev. Kathol. Pfarrei; die Ev. sind nach Schwenningen (O.-A. Rottweil) eingepfarrt. 5 St. nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.


Nahe der Landesgrenze gegen das Großherzogthum Baden hat Mühlhausen in einem vom Mühlbach durchzogenen, ziemlich tief eingefurchten Thal eine geschützte Lage. Der auf beiden Seiten des Bachs an und auf die unteren Ausläufer der Thalgehänge unregelmäßig und uneben hingebaute Ort bildet mit seinen zum Theil ansehnlichen, hinter Obstbäumen versteckten Bauernwohnungen wirklich malerische Gruppen und macht einen recht freundlichen heimlichen Eindruck. Die Gebäude sind theilweise noch verschindelt und mit Schindeln gedeckt.

Die erhöht und malerisch an der Ostseite des Orts in ummauertem Friedhof gelegene, dem heil. Georg geweihte Kirche stammt in ihren Haupttheilen aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, nur der Triumphbogen und die nördlich an den vieleckigen Chor stoßende Kapelle, ohne Zweifel ein früherer Thurm, zeigt noch gothische Bauart mit schießschartenartigen Fensterchen. Der im Westen stehende mit Satteldach und zwei Staffelgiebeln bekrönte Thurm bildet eine kreuzgewölbte Vorhalle und hat am Eingang die Jahreszahl 1715. Das Innere der Kirche ist prächtig ausgeschmückt mit drei figurenreichen Altären, mit Kanzel, Chor- und Beichtstühlen, Alles in schönem neugothischem Geschmack gefertigt von Meintel in Horb; die Heiligenbilder sind von innigem Ausdruck. In drei Chorfenstern prangen Glasgemälde, von H. Helmle, darstellend: Christi Geburt, das Pfingstfest und den triumphirenden Christus mit der Fahne. An der nördlichen Chorwand sieht man ein verstümmeltes spätgothisches Sakramenthäuschen, im spitzen Triumphbogen zwei lichtertragende, auch gothische Engelchen; ferner an der Nordwand des Schiffes den mit dem Wappen geschmückten Grabstein des Raphael Wernz, Dekan von Wurmlingen, „templi hujus restaurator“, geboren in Rottweil im Jahre 1644, gestorben den 24. Mai 1719; – und auf dem Boden eine alte sehr abgetretene Grabplatte, wie es scheint, eines Adligen. Die Sakristei bewahrt eine tüchtige Holzskulptur, ein spätgothisches halb lebensgroßes St. Annabild. Die drei neuen Glocken sind von Hugger in

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0360.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)