Seite:OberamtTuttlingen0387.jpg

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so furchtbar, daß die Leute im bloßen Hemde über die Stadtmauer sprangen. 1635 wurde Hunger und Theurung noch größer; viele starben den Hungertod. Dazu kam noch Mäusefraß (vgl. übrigens Tuttlingen im gleichen Jahr), und ein vernichtendes Gewitter am 10. August. 1636 28. September waren es wieder 28 Bürger. Nun kam die Pest. Barth. Kindler verlor in wenigen Tagen seine acht Kinder, wovon zwei in einen Sarg gelegt wurden. 1641 stellt Widerholt an Hans Friedrich und Hans Rudolf einen Schutzbrief aus. 1643 24. November lag Rosa mit acht Reiter- und zwei Dragonerregimentern nebst drei Brigaden Infanterie in Mühlheim und Umgebung. Er entkam mit einem Theil der Reiter, das Fußvolk im Stich lassend.

1698 wurde bei Bronnen ein Schmelzofen errichtet, 1729–33 nach Altstadt verlegt, ging aber durch die damalige schlechte Verwaltung und die Erschwerung des Erzgrabens im Nellenburgischen Gebiet zu Grunde. 1703 Mai wurde Mühlheim geplündert und mehr als 600 Stück Ochsen geraubt.

Am 11. Februar 1705 stürzte ein alter von den Franzosen halb verbrannter, gegen 66 Fuß hoher Thurm, der Schlagthurm genannt, Morgens zwischen 9 und 10 Uhr, während in der Pfarrkirche eben die heilige Wandlung vor sich ging und die in der Schule versammelten Kinder knieend gemeinsam die Wandlungsgebete verrichteten, plötzlich über die Schule, die wie es scheint, an den Thurm angebaut war, zusammen und begrub die 65 Kinder mit sammt dem Lehrer Michael Nestel unter den Zentner schweren Steinen und Schutt. „Aber o staunenerregendes Wunder,“ ruft der Lehrer in seinem Bericht aus, „keines von uns hatte weder einen Fuß noch einen Arm gebrochen, noch war eines tödtlich verwundet noch getödtet; sondern alle Kinder kamen, obgleich von den Steinen fast ganz bedeckt, so daß sie oft nur einen Arm oder Fuß hervorstreckten, mit ganz leichten Verletzungen davon.“

1796 wurde der französische General Vauban von Lobkowitz’schen Reitern hier gefangen, und die Stadt hätte dafür das Schicksal Irrendorfs getheilt, wenn die Österreicher nicht angerückt wären.

In Mühlheim ist geboren, 7. Dezember 1753, als der älteste Sohn von den 15 Kindern des Franz Anton Ammann, Bürgers, Schullehrers und Stadtschreibers daselbst, Ambros Ignaz Ammann, der bekannte Kartograph. Er besuchte,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0387.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)