Seite:OberamtTuttlingen0450.jpg

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Nach der Reichenauischen Tradition (Gall. Oh. v. Barack S. 19, 32) soll H. Bertold von Schwaben um 990 nebst vielen andern Orten auch Thalheim ob Möhringen an’s Kl. Reichenau geschenkt haben. – 1095 schenkte Reinhold und sein einziger Sohn an’s Kl. St. Georgen einen halben Mansus bei Thalheim (Not. fund. bei Mone Zeitschr. IX, 220). – 1275 hat der Ort eine eigene Kirche, zu St. Egidien. Die Nomination hatte später das Domkapitel Konstanz (wohl von Reichenau her); als es aber 1550 einen Pfarrer ernennen will, wird es auf wirtembergischen Befehl vom Obervogt in Tuttlingen daran gehindert (Diak. Schmid Msc. vgl. Tuttlingen). Es war hier eine Klause oder Nonnenkloster, dem 5. Nov. 1338 Heinrich von Wartenberg den Zehnten zu Effingen gab (Baumann Wart. 183), das 1413 aber abgegangen war und nach der Reformation in ein Pfarrhaus verwandelt wurde, welches man 1709 gar schön renovirt (Schmid). Die Schule wurde 29. Nov. 1616 errichtet. Der erste Lehrer war Jakob Hager, ein Goldarbeiter aus Eisleben (eb.). Außer Lupfen waren Kl. Amtenhausen und die Villinger Johanniter hier begütert. Die hohe Obrigkeit beanspruchte Fürstenberg wegen der Landgrafschaft in der Baar. 1622 hatte der Ort nur 312 Einwohner, vermuthlich in Folge der Pest von 1611; 1634 wieder 612. Die folgenden Jahre verödeten ihn aber so, daß er 1634–1651 ganz ohne Pfarrer war. M. Jo. Marquart, Pfarrer seit 1623, kam 1634 um. Seine Witwe mit 10 unversorgten Kindern war Aug. d. J. in Sulz und beinahe um all ihr Vermögen gekommen. Auch in den französischen Raubkriegen trafen Thalheim harte Schicksale. 1702 im Juli waren die Einwohner flüchtig und zerstreut; mehrere hielten sich in Rosenfeld auf. 1704 überfiel eine Streifpartie Tallards das Dorf, plünderte und verbrannte es. 19 Familien mit 85 Kindern geriethen dadurch in solche Armut, daß man sie von Seiten der herzoglichen Kammer unterstützen und noch 12. Juli 1706 ihnen mehrere Ämter des Landes zu einer Kollekte anweisen mußte. 30. Mai 1848 brannten in Thalheim 42 Hauptgebäude mit Schaden von 129.000 fl. ab. – 1

Als Reichslehen besaßen Thalheim die Herren von Lupfen[1]


  1. Den mehrfach erörterten Namen leiten wir von einem a. d. Lupfried oder dgl. (vgl. Lüpfersberg, O.A. Öhringen abg., 1286 Luphrisberg) wenn es sein soll von einem kelt. oder burgund. Lupus oder dgl. ab, nicht aber, wozu Bacmeister noch geneigt war, von einem Lupodunum, wogegen ja eben das nachgewiesene Ladenburg (Lautenburg) und alle die Zarten, Ifferten, Leyden, Milden, Murten, Kempten, Verden und vielleicht sogar Wirtenberg sicher sprechen.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0450.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)