Seite:OberamtTuttlingen0490.jpg

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Die dem heil. Georg geweihte, im gothischen Geschmack sehr hübsch erneuerte Kirche steht in dem noch ummauerten Friedhof im nordöstlichen Theile des Dorfes und stammt noch aus gothischer Zeit (15. Jahrh.); im Jahre 1756 wurde sie zur Pfarrkirche erhoben. Das Schiff ist flach gedeckt, der vieleckig schließende mit Strebepfeilern besetzte Chor trägt ein schönes, spätgothisches Netzgewölbe, an dem folgende Schlußsteine (von West nach Ost) angebracht sind: St. Georg, Antonius, Barbara, Sebastian, Katharina und Anna. Die Maßwerke der Chorfenster sind herausgebrochen, dagegen wurden in die Fenster des Schiffes gothische Maßwerke wieder eingesetzt. Die drei Altäre zeigen den Zopfstil und an der südlichen Wand des Schiffes sieht man den Grabstein des Johann Carl von Widerholdt, † 15. Juni 1762, mit folgender Inschrift:

O Mensch, allhier nächst disem Steine
Ligt dess von Widerholdt Gebeine,
Geh wo du wilst, nur sag dazu,
O Herr, gib ihm die ewig Ruh.

An derselben Wand ist eine mit dem Mantel schirmende Madonna aus der Renaissancezeit angemalt mit folgendem Spruche:

O Maria, du Jungfraw rein,
Bit für uns synder insgemein,
erwürb uns bey deinem lieben kindt
verzeihung aller unßer syndt.
Mit deiner hilff sihe uns an,
hunger und pest wende hindan,
vor Feindt beschütze uns fordan,
in todsnoth nimb dich unßer an.

Bis zum Jahre 1826 befand sich in der Kirche ein schöner gothischer Hochaltar; fünf seiner geschnitzten Heiligenbilder, nämlich der h. Sebastian, Georg, Antonius, die h. Maria und Anna, kamen in die Sammlung altdeutscher Bildwerke in der Lorenzkapelle zu Rottweil, wo sie sich noch befinden. (S. Verzeichnis der altdeutschen Schnitzwerke und Malereien in der St. Lorenzkapelle in Rottweil Nr. 84, 86–88, 90.)

Der unten herauf noch alte Thurm steht an der Nordseite des Schiffes beim Choranfang, besitzt auf dem Boden seines Erdgeschosses noch schöne gothische Fliese und endigt in ein mit Blech beschlagenes Zwiebeldach aus neuerer Zeit. Von seinen drei, schwer zugänglichen Glocken hat die größte die Umschrift: Aus dem Feuer bin ich geflossen, Johannes Baptista Ernst zu

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 490. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0490.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)