Seite:OberamtTuttlingen0500.jpg

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Gesundheit zuträglich. Beim Steigkreuz befindet sich ein Hungerbrunnen.

Über die Markung fließen die von Seitingen herkommende Elta und der durch den östlichen Theil von Wurmlingen gehende Faulenbach, auch aus dem Seltenthal dringt zuweilen ein Bach hervor. Die Elta tritt mitunter aus, ohne jedoch großen Schaden anzurichten. Der um das Schloß angelegte Weiher (s. o.) wurde in den zwanziger Jahren vollends ausgetrocknet und in Wiesengrund verwandelt, jetzt der „Weihergarten“ genannt. Über die Elta gehen 3 steinerne Brücken und 3 Stege, über den Faulenbach 6 steinerne und 4 hölzerne Brücken und 3 Stege; sie sind von der Gemeinde, Privaten und zum Theil auch vom Staat zu unterhalten.

Die im allgemeinen gesunden und kräftigen Einwohner, (Geisteskrankheiten und Schwerhörigkeit nicht selten), von denen gegenwärtig 6 über 80 Jahre zählen, sind fleißig, sparsam und betriebsam, finden ihr Auskommen in Feldbau, Viehzucht (hauptsächlich Schweinezucht) und in Gewerben, besonders der Schuhmacherei; ihre Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren: der Vermöglichste besitzt 20 Morgen Feld und 10 Morgen Wald, der Mittelmann 10 Morgen Feld und 3–5 Morgen Wald, die ärmere Klasse hat nur Pachtstücke und Allmandtheile (s. u.). Dagegen haben einzelne Bürger (Holzhändler) große Waldflächen, einer 150, ein anderer 30 Morgen Wald. Außerdem besitzt die Pfarrei 90 Morgen Feld und 60 Morgen Wald. Von den den Bürgern gehörigen Waldungen liegen etwa 150 Morgen auf angrenzenden Markungen, davon 100 Morgen auf Seitinger. Wie schon bemerkt, ist von den Gewerben die Schuhmacherei am stärksten vertreten; dieselbe wird von einem großen Theil der Bürger neben der Landwirthschaft betrieben, der Absatz geht zumeist in die großen Geschäfte nach Tuttlingen. Dann bestehen hier 4 Messerschmiede, 4 Schmiede, 4 Gerber, und sonst die gewöhnlichen Handwerker; auch 3 Korbflechter, 2 Strumpfweber, ein Strumpfstricker, 3 Dreher, und ein geschickter Steinhauer (Nepomuk Schmied) fertigt schöne Grabmonumente. Die weibliche Bevölkerung beschäftigt sich mit Kittelstricken auf Bestellung. Viele Mädchen gehen auch als Dienstmädchen in die Schweiz. Eine Fabrik (Wollenspinnerei), eine Viertelstunde unterhalb des Orts an der Elta gelegen, beschäftigt etwa 15 Personen und liefert ihre Waren hauptsächlich den Fabrikanten in Tuttlingen; auch die Bildschnitzerei wird hier einigermaßen getrieben.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 500. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0500.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)