Seite:OberamtTuttlingen0509.jpg

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im Jahre 1635 1/3 der Einwohner (vgl. Tuttlingen, Mühlheim, Hausen o. V.). – 1636 wurde Wurmlingen ausgeplündert. – 23. März 1639 verbrannten durch Unvorsichtigkeit eines Bürgers von 50 Häusern 25. – 22. Aug. 1704 plünderten die Franzosen. – 1740–44 wanderten aus Noth 175 Personen von hier und Weilheim nach Ungarn aus. – 1800 waren das ganze Jahr Franzosen hier (vgl. Tuttlingen). Die Einquartierung während der Kriegsjahre berechnet sich auf 12.873 Mann und 8000 Pferde. Von 36 Mann aus Wurmlingen, welche nach Rußland zogen, kamen 6 wieder (Pfarrchron.).

In kirchlicher Beziehung ist Folgendes zu bemerken. Die jetzige Kirche stammt aus den Jahren 1782–1784, während der Kirchthurm die Jahreszahl 1499 trägt und 1870 seine moderne Spitze erhielt. Neben der Pfarrei, welche 1275 einen Rektor hatte und dem Landkapitel Wurmlingen seit langer Zeit den Namen gibt, bestand bis 1756 die Kaplanei zu St. Katharinen, welche zugleich Weilheim zu versehen hatte (s. das.); ferner die (noch vorhandene) Frühmeßkaplanei Mariae und die ad S. Crucem, welche 1823 in ein (zur Zeit nicht mehr besetztes) Vikariat verwandelt wurde. Im 15. Jahrh. scheint auch Rietheim Filial von Wurmlingen gewesen zu sein (s. das. 1454).

Das Patronat über diese geistlichen Stellen kam von St. Gallen an das Bisthum Konstanz, von diesem 1613 an die Domprobstei, 1802–3 an Baden, 1806 an die Krone Württemberg. Auf dem Platz, wo jetzt das Pfarrhaus steht, stand ehedem eine Klausur der Franziskanerinnen von Konstanz, die 1631 aufgehoben und sammt Scheuer, Garten und Hofstatt zu einem beständigen Pfarrhaus geordnet wurde, indeß die Einkünfte der seit 1607 nachweisbaren Schulstelle zugewiesen wurden. – Ein 1764 bei der St. Sebastians- und Rochuskapelle gestiftetes Kapuzinerhospiz wurde 1809 aufgehoben und 1815 abgebrochen. Die Kapelle ist jetzt Gottesackerkirche, indem der Klostergarten zum größeren Theil damals, zum kleineren 1874 als Gottesacker angelegt ward. – Die Zehntverhältnisse waren sehr komplizirt. Neben der Pfarrei und Mariäkaplanei hatten Antheil das Stift St. Paul in Konstanz, die Kirchenpflegen Wurmlingen und Möhringen, der Jägerische Zehnte in Tuttlingen. Der Neubruchszehnte war zwischen Pfarrei und Herrschaft strittig. Der Kleinzehnte gehörte größtentheils der Pfarrei. Von ihren Gütern hatte die Pfarrei die Wucherthiere zu halten. Letztere Last wurde

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 509. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0509.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)