Seite:OberamtTuttlingen0537.jpg

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Bei Vergleichung mit anderen europäischen Floren habe ich ebenfalls nichts besonderes bezüglich des Substrats angeführt gefunden. So in Frankreich ganz indifferent (Grenier et Godron, Flore de France, Paris et Besançon 1848/55); Thurmann (Essai am a. O.), der sich hauptsächlich mit den Standorten beschäftigte, hat Adiantum nigrum indifferent gefunden, dagegen sollen die beiden anderen feuchtliebende Pflanzen sein, welche einen sehr wasserhaltigen, vorzugsweise Kieselboden, bewohnen, im Gegensatz zu den die Trockenheit liebenden Pflanzen. Durch die Auffindung von septentrionale mit germanicum an den Hohentwieler Felsen erhält aber diese generalisirende Methode Thurmanns einen Stoß. Nach der dortigen „Esquisse de la disposition générale des masses geologiques etc.“ gehört der Hohentwiel (6) zu den „Roches dysgéogénes, peu absorbantes, perméables, en grand zône des Xerophiles!“ Also ein vollendeter Wiederspruch, bezüglich der Farne.

Ausgesprochene Sand- oder richtiger gesagt, Kieselpflanzen hat die Umgebung des Hohentwiel und mögen hier angeführt sein: Sagina apetala; Hypericum humifusum; Gnaphalium luteo-album; Jasione montana; u. A. Wie reich die eigentliche Jura-Gebirgsflora um Tuttlingen ist,[1] erhellt daraus, daß an Wald- und Gebirgspflanzen dort allein 60 % der Flora vorkommen und dieses Verhältnis für die Gesammtflora 38 % beträgt.

Giftpflanzen. Für beide Bezirke. Überall die Herbstzeitlose (Colchicum); der weiße Germer (Veratrum album), doch nur auf den Tuttlinger Schindelwald beschränkt, vielleicht auch dort nicht mehr vorhanden, dagegen nach der badischen Flora bei Emmingen ab Eck; überall die Einbeere (Paris quadrifolia); das Bingelkraut (Mercurialis perennis) in beiden Bezirken; desgleichen der Seidelbast (Daphne Mezereum). Von giftigen Solaneen vermisse ich in beiden Bezirken den Stechapfel (Datura Stramonium); nicht selten das Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), und gemein die Tollkirsche (Atropa). Das Bittersüß (Solanum Dulcamara) in Ufergebüschen und namentlich in den feuchten Hohentwieler Waldungen.


  1. Nach meinen Untersuchungen hauptsächlich Gebirgspflanzen der Buchenregion, einige auch der Fichtenzone angehörig, die sogenannten Kalk- oder Jurapflanzen reduziren sich immer mehr.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 537. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0537.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)