Seite:OberamtTuttlingen0572.jpg

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Jo. Ge. von Widerholt als Kommandant in Pflicht genommen und Konrad Widerholt zog (angeblich 12. August) ab, um noch 17 Jahre den Werken des Friedens zu leben[1]. In den Jahren 1639–45 hatte er die Kirche auf Hohentwiel gebaut, auch sonst natürlich viel für die Festung gethan. Von jetzt an spielte Hohentwiel, schon in Folge der veränderten Kriegführung, nie mehr eine bedeutende Rolle. Die Besatzung wurde 1650 auf 81 Mann vermindert. An dem Verfall der Festung war wesentlich Österreich mitschuldig, das gegen beabsichtigte und unternommene Verbesserung oder wenigstens Erweiterung auf Grund der nellenburgischen Territorialhoheit regelmäßig protestirte. Eberhard III. besuchte Hohentwiel öfters zur Sommerfrische, so 1652 mit Konrad Widerholt; er hielt besonders mit Schaffhausen gute Nachbarschaft. (Vgl. Osenbrüggen, Wanderstudien 4, 237). Zwei Jahre vor seinem Tode kam er zum letztenmal und empfahl es angelegentlich seinen Nachfolgern. In dem oben genannten Jahr erneuerte er die alte Vorschrift des Steintragens und stiftete das im Kriegsministerium noch vorhandene Willkommbuch, das bis zum 20. Aug. 1799 geht (s. o.). 1677 wurde besonders an der Befestigung des Vorhofs gearbeitet. 17. Nov. näherten sich die Franzosen bis


  1. Sein Bild malte 1665 J. Pfanstil, dazu ein Ehrendegen mit seinem Bild und der Inschrift: fide sed cui vide, vincere aut mori anno 1645 und sein Pokal, auf dessen Deckel ein Ritter einen Stein trägt (Pathen-Geschenk K. Friedrichs für K. v. Wiederhold 1810) im Besitz der Familie v. Wiederhold. – Eine feine Bemerkung über den vielgefeierten Kommandanten von Hohentwiel findet sich in der Beschreibung des Oberamts Tuttlingen von S. (Prof. Albert Schott) im Schwäbischen Merkur, Januar 1841: „Es ist nicht außer unserem Wege hier noch zu erwähnen, daß Widerholts Geburtsort Ziegenhain ebenso ein Palladium für Hessen war, wie Twiel für Württemberg, und daß es 100 Jahre früher ebenso wider seines Fürsten Wunsch (dies von Hohentwiel cum grano salis zu verstehen) dem Feinde vorenthalten ward. Heinrich von Lüder, ein hessischer Edelmann, der als Priester und Held, als Hospitalpfleger und Festungs-Kommandant dem Landgrafen Philipp trefflich diente, sollte Ziegenhain 1547 auf Befehl des gefangenen Philipp an den Kaiser ausliefern, erklärte aber, davon könne keine Rede sein; man solle zuvor seinen Herrn frei lassen, damit er seinen eigenen Willen habe; wenn der kaiserliche General nicht bald abziehe, so wolle er ihm den Weg mit den großen Karthaunen weisen. Sollte nicht Widerholt, der bald nachher auf dem Schauplatz dieses gehorsamen Ungehorsams aufwuchs, durch Erzählungen und Knabenspiele dieses Vorbild sich in’s Herz geprägt haben“?
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0572.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)