Seite:OberamtTuttlingen0573.jpg

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auf 9 Meilen. Die Besatzung bestand 7. Jan. 1678 aus 125 Mann, 116 Geworbenen, 33 Mann Tuttlinger Zusatz; mit Weibern und Kindern aber waren es 654 Köpfe ohne das Gesinde. (Bis 1755 war ein deutscher Lehrer und ein Präzeptor auf Hohentwiel, von da an nur noch der letztere.) Im übrigen wurde während der Franzosenkriege die nöthige Wachsamkeit nicht verabsäumt. Im 18. Jahrhundert gestaltete sich Hohentwiel immer mehr zum Strafplatz (schon 1697 ff. saß dort ein M. Banz, Repetent in Tübingen, wegen Irrlehren, weitere s. bei Martens 160 ff.), indeß der Verfall fortschritt, hauptsächlich weil die Rentkammer die für die Festung bestimmten jährlichen 10.000 fl. vom Kirchengut für andere Zwecke verwendete. Besser als unter Eberh. Ludwig wurde unter Karl Alexander gesorgt, namentlich für die Befestigung des Vorhofs, die aber nicht ganz zur Ausführung kam. 1734 flüchtete der Herzog seine Gemahlin und den Prinzen Karl Eugen auf Hohentwiel, das aber nach dem Bericht des Kommandanten in schlechtem Zustande war, doch durch fortwährendes Bauen verbessert wurde. 1740 wurden die Brüder Karl Eugen, Ludwig Eugen und Friedrich Eugen hinaufgeflüchtet. J. J. Moser war auf Hohentwiel vom 12. Juli 1759 bis 25. Sept. 1764, Oberst Rieger vom 3. Dez. 1762 bis 3. Jan. 1767. Mosers Behandlung ist bekannt. Zu der Riegers ist dem, was Schiller aus mündlicher Überlieferung der Zeitgenossen und Paulus im Sophronizon 1824 geben, zur Ergänzung, wohl auch Berichtigung Folgendes aus v. Martens (Msc.) hinzuzufügen: Alle Befehle, die den Obersten von Rieger betrafen, schrieb der Herzog durchaus eigenhändig. In das Zimmer, in welches Rieger gebracht wurde, mußte ein kleines Loch mit einem starken Gitter 8′ vom Boden gemacht werden, durch welches man ihm das Essen reichte und zwar die Speisen schon verschnitten, damit er weder Messer noch Gabel nöthig habe. Abends mußte eine mit starkem Eisen befestigte Laterne durch jenes Loch oben an die Wand gehängt werden; alle 14 Tage sollten frische Leintücher dem Gefangenen hinuntergeworfen werden, womit er sich sein Bett selbst machen mußte, und alle acht Tage ein reines Hemd. (Hieraus geht hervor, daß die Zelle dem Tageslicht einigermaßen zugänglich war, auch das Alte wieder hinaufgezogen wurde, demnach die Auffassung z. B. in Laube’s Karlsschülern übertrieben ist.) Das Bett wurde mit Schrauben an den Boden befestigt, damit er es nicht verrücken könne und Gelegenheit erhalte, das Licht zu erreichen und damit Unglück anzustellen, weshalb ihm auch kein Stuhl und kein Tisch in’s Zimmer gegeben werden

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 573. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0573.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)