Seite:Oberamt Biberach 146.jpg

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das Dorf sein Daseyn ganz dem Kloster. Die Geschichte des Klosters aber, oder der Reichsabtei Ochsenhausen, auch Kloster St. Georgen zu Ochsenhausen, Benedictiner-Ordens, genannt, ist folgende: Auf dem Hügel, auf dem das Kloster erbaut wurde, soll schon im 9. und 10. Jahrhundert ein Frauenkloster gestanden haben, das nach der Sage die Grafen zu Grünfurt (vermuthlich die nachher wieder vorkommenden Herrn v. Grünenbach bei Memmingen) gegründet haben. Dieses Frauenkloster wurde nun, wie die Sage erzählt, ums Jahr 955 von den Ungarn zerstört; die Klosterfrauen hatten sich zuvor schon nach Salzburg geflüchtet, vor ihrem Abzuge aber eine Kiste mit Chor- und Meßbüchern und Reliquien auf dem offenen Felde vergraben. Nach der Sage fand nun ein Pächter dieser Güter beim Pflügen, durch das Auftreten des Ochsen aufmerksam gemacht, jene Reliquien-Kiste. Die Nachricht von der Entdeckung verbreitete sich schnell und Jedermann eilte herbei, um mit eigenen Augen zu sehen; einer der ersten war der vertriebene Erzbischof Thiemo von Salzburg, der dem Fund selbst nicht fremd gewesen zu seyn scheint. Die Gegend war damals im Besitze des Ritters Hatto und seiner drei Söhne Hawin, Conrad und Adalbert, wovon nach den Ochsenhäuser Annalen der erstere auf dem Hochberg, der andere auf dem Hügel Burghalde genannt und der dritte zu Thannheim saß, während der Vater auf dem Gut Ochsenhausen selbst seinen Sitz hatte. Thiemo beredete den Ritter Hatto und seine Söhne, auf dem merkwürdigen Platze, wo die wunderbare Entdeckung gemacht worden, ein Kloster zu Ehren St. Georgs, von dessen heiligen Gebeinen Überreste in der Kiste aufbewahrt waren, zu stiften, und der Ritter ließ sich auch willfährig dazu finden. Der Erzbischof gab alsbald dem Bischof von Constanz und dem Abt Uto von St. Blasien Nachricht von dem, was vorgefallen, und forderte den Letzteren auf, zur Besetzung des neuen Klosters Mönche abzulassen. Uto machte keine Schwierigkeiten, er kam selbst mit einer Mönchs-Colonie und sorgte zugleich dafür, daß das neue Kloster als ein Priorat der Abtei St. Blasien unterworfen

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Biberach. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1837, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Biberach_146.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)