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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

hat, war die Reichsstadt Gmünd weit und breit bekannt durch ihre mehr für den Handel geeignete echte und unechte Geschmeide-, Klein-, Silber- und Filigranwaare, durch ihre Paternoster, Goldstickereien etc. Die Geringhaltigkeit aber der Waaren und der Schlendrian, in welchen die hiesigen Meister im ersten Viertel dieses Jahrhunderts versanken, brachten Gmünds Haueptindustrie eine Zeit lang sehr in Mißcredit, bis eine neue Ära für dieselbe durch fabrikmäßige Herstellung und durch ausschließliches Arbeiten in höheren Gehalten hereinbrach. Das fabrikmäßige Arbeiten wurde hier begründet:

in Silber von 1832 an durch Dr. Haag und Ign. Weitmann,
in Gold von 1841 an durch Nicolaus Ott und
in Bronze von 1844 an durch Erhard und Söhne.

Seit jener Zeit hat aber die echte und die unechte Metall-Bearbeitung einen ganz bedeutenden Aufschwung genommen, denn es wird jetzt hochfeine, mittelfeine und courante Goldschmuckwaare, Groß- und Klein- Silberarbeit, geprägte, gegossene und galvanoplastisch erzeugte Bronze-Waare hier gemacht. Diese ganze Branche beschäftigt eine Anzahl von circa 2000 Arbeitern und Arbeiterinnen in etwa 140 verschiedenen Geschäften. Es theilt sich die ganze Metallwaarenbearbeitung samt ihren Hülfsgeschäften ein, in: 1) Geschäfte mit fabrikmäßigem Betrieb, und zwar 21 in Goldwaaren, 7 in Silberwaaren, 5 in silbernen Uhrketten, 1 in Silberfiligran und 2 in Bronze; 2) Geschäfte mit kleinerem oder Einzelbetrieb: Hievon 32 in Goldwaaren, 11 in Silberwaaren, 10 in silbernen Uhrketten, 8 in silb. Filigran, 3 in silb. Dosen, 1 in Neusilberwaaren; 3) Hülfsgeschäfte: 1 Estampeur, 1 Metalldreher, 2 Steinschleifer, 10 Graveure, 7 Steinfasser, 2 Guillocheure, 3 Emailleure, 4 Kügelchen-Brissuren- und Carabiner-Verfertiger, 2 Etuisarbeiter, 2 Blechmacher und Drahtzieher, einige Mechaniker und Feilenhauer. Ferner gehört zu 1) eine Krätz- (Gekrätz-Kehrats-) Fabrik mit Dampfmaschinenbetrieb samt Scheideanstalt für Gold und Silber. – Von der Bedeutung der hiesigen Gold- und Silberwaaren-Industrie wird man sich einen Begriff machen, wenn angeführt wird, daß in Gmünd im Jahr durchschnittlich edle Metalle im Werth von wenigstens 2 Millionen Gulden zum Einschmelzen kommen, worunter mindestens 150 Ctr. 13löth. Silber. Die Erzeugnisse dieses Gewerbfleißes finden nicht nur in ganz Deutschland, in Östreich und der Schweiz, sondern auch in Frankreich, den Niederlanden, Spanien, Italien, in der Levante und seit einer Reihe von Jahren in Nord-, Mittel- und Südamerika lohnenden Absatz.

Gold-Waaren-Fabriken sind es mit über 20, zum Theil aber über 100 Arbeitern: E. Binder, Chr. Berner, Böhm und Lempp, Deibele und Mühlauer, Gebr. Deyhle, Hirschauer und

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)