Seite:Oberamt Gmuend 176.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt 1119,6 württembergische Fuß = 324,7 Meter (Erdfläche am Thurm der St. Johanniskirche), 1083,7 w. F. = 310,4 M. (Wasserspiegel der Rems unter der Straßenbrücke beim Bahnhof), 1110,4 w. F. = 318,1 M. (Bahnhof Schwellenhöhe). Die Stadt ist der Sitz des Oberamtsgerichts mit dem Gerichtsnotariat, des Oberamts mit dem Oberamtsphysikat und der Oberamtspflege, des Kameralamts, des kath. Dekanatamts, des Revieramts, eines Postamts, einer Bahnhofverwaltung mit Telegraphenstation, einer Hochbauinspektion, einer Straßenbauinspektion, eines katholischen Schullehrer-Seminars, einer Taubstummen-Anstalt und eines Blinden-Asyls. Eine gerichtliche Strafanstalt (Zuchthaus) befindet sich in Gotteszell. Überdies wohnen in der Stadt ein Umgeldskommissär, ein Oberamtswundarzt, ein Oberamtsthierarzt, 5 ausübende Ärzte, 4 Rechtskonsulenten und der Oberamtsgeometer; auch befinden sich daselbst 2 Apotheken.

Ferner garnisonirt hier seit dem Oktober 1868 ein Bataillon Infanterie (gegenwärtig das zweite des achten Regiments), von dem auch die Wachen für das Zuchthaus Gotteszell gegeben werden. Den Sommer über wird abwechselnd eine Artillerieabtheilung nach Gmünd kommandirt, welche daselbst in dem sog. Schießthal ihre Schießübungen vorzunehmen hat; die Mannschaft wohnt in Feldbaracken, welche bei Gotteszell auf einem 7 Morgen großen, von der Stadt unentgeltlich zur Benützung überlassenen Platze im Jahr 1868 errichtet wurden. Der Stadtkommandant hat seinen Sitz in der Stadt und wohnt in einem Privathause.

An der Stelle, wo von Südosten her der Waldstetterbach, von Norden der Wetzgauerbach und von Nordosten der Sulzbach in die noch jugendliche Rems münden und zu ihrer Erstarkung wesentlich beitragen, liegt die altehrwürdige, ehemalige Reichsstadt Gmünd, die ihren Namen den hier einmündenden Gewässern verdankt. Die Lage der in die Thalweitung zwischen der Rems und dem Waldstetterbach hingebauten Stadt ist durchaus eben und gehört zu den schönsten Städtelagen des Landes; zunächst erheben sich von den wiesenüppigen Thalebenen mild geformte, ziemlich hoch ansteigende Gehänge, welche durchaus mit Baumgärten, Wiesen und Waldungen kultivirt sind und frei von Ackerland frischgrün in die Thäler hinabschauen, was einen besonders freundlichen Eindruck hervorruft; nur die in neuerer Zeit sich so massenhaft eindrängenden Hopfengärten stören einigermaßen die landschaftlichen Reize und bringen in die mildschöne Gegend einen etwas starren, steifen Zug. Nördlich der Stadt ziehen sich ganz nahe zu ihr üppige Waldungen und gestatten herrliche schattige Spaziergänge. Auf dem Bergrücken zwischen der Rems und dem Waldstetterbach führt eine kräftige Pappelallee hinan, die der Landschaft vortrefflich ansteht; eine besondere Schönheit und Eigenthümlichkeit

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_176.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)