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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Leichnam, früher am Rechberg’schen Altare; und hier befinden sich ein trefflicher Todtenschild des Anthoni Fugger, gest. 13. April 1616, und ein im Renaissancegeschmack gehaltenes Steindenkmal des schon genannten Eytel Hans von Haußen zu Wagenhoven, gest. 17. December 1622 und seiner Gemahlin Veronica Vötterin von Frickhenhaußen, daneben steht das im spätest gothischen Stil gehaltene eines Geistlichen; die Inschrifttafel fehlt.

In der Taufkapelle befindet sich ein theilweis erneuerter großer prachtvoller Altar aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, mit sehr schön und fein, wenn auch abenteuerlich sich rankendem und krümmendem Schnitzwerk und einer Menge von Heiligenfiguren. Das große Mittelbild ist von leuchtender Schönheit und zeigt trefflich gruppirt die Mütter Christi, Salomons und Isaaks mit ihren Kindern. Ganz unten am Altare ruht in tiefem Schlummer der Stammvater Jesse, aus dessen Herzen der Wurzelstamm wächst, sich als großer Baum über den ganzen Altar entfaltend, auf seinen Zweigen die Brustbilder der Propheten des alten Bundes und oben die h. Dreieinigkeit tragend. In die Fenster der Kapelle sind vier alte schöne Glasgemälde eingesetzt, geweiht von den Stiftern des Sebaldus-Altars; sie zeigen Maria, S. Sebald, die Bilder, Wappen und Namen der Stifter und die Jahreszahl 1505. Die Bogenfelder der vier Seitenportale sind innen mit hübschen gemalten Epitaphien, aus dem 17. Jahrhundert, geschmückt.

Schließlich ist noch zu bemerken die reiche und zierliche Sakristeipforte und das daneben sich erhebende höchst reich verzierte Treppenthürmchen, beide in spätgothischem Stil; ferner ein erst kürzlich erneuertes und hier aufgestelltes Bildstöcken, mit schönen Skulpturen aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts; und endlich die schöne, an der Nordwand des Choranfangs auf einer Konsole stehende Rüstung des bekannten Bürgermeisters Rauchbein. Bemerkenswerthe Werke des Rococostiles sind endlich noch der am Choranfang hängende Marienleuchter und die zwei schmiedeisernen Weihkesselträger.

Die Sakristei, der Taufkapelle gegenüberliegend, besteht aus mehreren, mit reichen spätgothischen Netzgewölben überspannten Räumen; im westlichsten Theile sind die Gewölbe herausgenommen worden, ebenso wurden an diesem und dem daran stoßenden Raume die gothischen Fensterchen durch häßliche Ovale ersetzt; hier werden die vielen prachtvollen Meßgewänder aufbewahrt, noch wichtiger aber sind die in der auf der Nordseite gelegenen Paramentenkammer befindlichen heiligen Gefässe, wohl der reichste Schatz in Württemberg, von dem wir nur die bedeutendsten und schönsten Stücke nennen: Ein über 3′ hoher Kreuzpartikel aus dem 14. Jahrhundert. Eine 4′ hohe sehr schöne spätgothische Monstranz mit dem Zeichen M O, 20 Mark Silber schwer; sie stellt einen Hochaltar vor; zwei kleinere ältere in sehr edlem Stile. Eine 5′ hohe Monstranz

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_189.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)