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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

enthält kolossale Zopfaltäre und gut geschnittenes Stuhlwerk. Die Unterhaltung der Kirche hat die Schul- und Stiftungspflege.

2. Die Salvatorkirche. Etwa 1/8 Stunde nordwestlich von der Stadt liegt auf einem vorgeschobenen Hügel am Abhange des sogenannten Neppersteins diese weithin sichtbare berühmte Wallfahrtskirche mit dem daneben stehenden Beneficiathaus, von wo man eine reizende Aussicht in das Remsthal und an die Vorberge der Alb genießt. Von dem Thal aus schlängelt sich den Berg hinan bis zur Kirche ein schön angelegter Weg, woran Bildstöckchen und Stationen, die Leidensgeschichte Christi in Holzskulpturen zeigend, angebracht sind.

An der fünften Kapelle, worin Pilatus seine Hände in Unschuld waschend dargestellt ist, fließt das Herzjesu-Brünnlein mit sehr reinem und frischem Wasser.

Nicht weit davon ist bemerkenswerth ein sehr hübsch gearbeiteter steinerner Bildstock mit der Jahreszahl 1601. Weiter oben gelangt man zu den drei Kreuzen, Christus zwischen den Schächern; das Bild Christi ist von beachtenswerther Schönheit und mag aus der zweiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts stammen. In der großen, ganz mit Muscheln ausgelegten Kapelle daneben zeichnet sich unter vielen Heiligen-Bildern durch die Größe des Stils eine noch aus gothischer Zeit stammende Pietà (Maria mit dem Leichnam des Herrn) aus.

Die Kirche ist ganz in den hier sehr mächtig anstehenden Stubensandsteinfelsen gehauen und besteht aus zwei Kapellen übereinander; die untere ist 39′ lang und 20′ breit, die obere 30′ lang, 14′ breit und noch mit einer nicht in den Fels gehauenen Vorhalle, 28′ lang, 20′ breit, versehen. Ihre jetzige Gestalt erhielt die Salvatorkirche im Jahre 1617–1620 durch Caspar Vogt, nach der Inschrifttafel in der oberen Kapelle: „Ich Caspr Vogt steinmetz Kirchenmeister habe diße Capel renov. Anno 1617–1620.“ Im Jahre 1616 stiftet Heinrich Pfennigmann aus Gmünd, Pfarrer in Sulzfeld am Main, zur Erweiterung der Kirche 200 Gulden. Die erste Anlage des Salvators scheint in sehr frühe christliche Zeit zurückzugehen; hinter dem Thurm wird noch eine Felsengrotte gezeigt, worin vor grauer Zeit der erste Bewohner, ein Anachoret, gewohnt haben soll; noch vor vierzig Jahren wohnte in der Grotte eine hochbetagte Frau bis an ihr Ende.

An der Außenseite (gegen Süden) ist der natürliche Fels stehen gelassen und in demselben sind verschiedene Nischen und Öffnungen, sowie Thiere, Figürchen, Laubwerk und andere Zierrathen eingehauen; auch baut sich eine Kanzel heraus und darunter springt aus dem Felsen ein klarer, lebendiger Quell, der Mosisbrunnen, in eine steinerne Schale. Die untere, einfach überwölbte Kapelle enthält die alten, vielbesuchten wunderthätigen Bilder Christi, der Maria und des

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)