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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

machten überall Umtriebe, um recht viele Theilnehmer zu bekommen. Wiederholte Reichshofraths-Konklusa erschienen nun z. B. 1777 30. Okt., 1781 8. Okt., während 1780/84 eine kreisausschreibamtliche Kommission das Schuldenwesen genau untersuchte und viele Mängel des Kassenwesens ans Licht zog. Erst 1792 20. März kam ein Hauptvergleich zu Stand, welcher entschieden die wenigstens theilweise Berechtigung der alten Klagen anerkannte und zwischen Stadt und Land das Steuerbeitragsverhältniß zu 1/3 und 2/3 bestätigte. Die bald folgende Mediatisirung machte diesen Konflikten für immer ein Ende.

Die Klagen der Bürgerschaft waren sehr verschiedener Art; theils hatten die Goldschmiede allen andern Gmündern den Handel mit Goldschmiedswaaren verbieten lassen, theils beschwerte man sich über Duldung vieler Beisitzer, welche Hauszins und Lebensmittel vertheuern, die Wälder ausstehlen u. dgl. m.; ganz besonders aber beklagte man sich über partheiische und säumige Justiz, allzuharte Behandlung der Armen, höchst ungleiche und namentlich auf die Armen drückende Besteuerung, mangelnde Handhabung der Lebensmittel-Polizei, Unordnung auf dem Kornhaus, schlechte Finanzverwaltung überhaupt, zu theure Vertretung auf den Kreistagen u. s. w. 1698 klagte auch die Bürgerschaft beim Reichshofrath und 1700 entstand große Aufregung besonders gegen Bürgermeister Storr, die Seele und den Mittelpunkt des damaligen Vetterles-Raths. Der Rath ließ nun zu seinem Schutz 2 Kompagnien Kreistruppen kommen und belegte seine Gegner mit schwerer Einquartirung, andere wurden festgesetzt – bis die meisten entwichen. Die kaiserl. Kommission bat 1706 bei einer Ergänzungswahl in den Rath auch einige Gegner beizuziehen, aber es wurden lauter Parteigenossen erwählt. Nach vielfachen Verhandlungen gab eine kaiserl. Kommission 1723 einen Receß in 50 Artikeln nebst einem großen Nebenreceß; vergeblich. Dem Rath fehlte offenbar der gute Wille, gerecht und billig zu regieren, nur auf’s allgemeine Beste bedacht. Eine Aristokratie in so kleinen städtischen Verhältnissen zeigte sich in ihrer ganzen Verwerflichkeit. Daß 1754 endlich ein Vergleich zu Stande kam, ist schon gesagt; völlige Zufriedenheit war jedoch nicht eingekehrt, z. B. 1769. Etwas später 1780/82 fingen die Mitglieder des Magistrats an, unter einander sich Vorwürfe zu machen und Klagen selbst vor den Reichshofrath zu bringen. Die Bürgerschaft bediente sich der ihr verwilligten Syndici (Tribunen) aus ihrer Mitte, um den Rath zu kontrolliren und z. B. 1787 die angesonnene Reducirung des jährlichen Schwörtags auf einen 3jährigen zu verwerfen.

Weiter mag noch erwähnt werden – 1650, 18. August ein Brand, der 8 Häuser am Markt verzehrte; 1707 eine neue Polizei-Ordnung für die Stadt; 1743, 26. Juni Durchreise des Kaisers nach Frankfurt; 1762 eine württembergische Viehsperre; 1771 eine

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_285.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)