Seite:Oberamt Gmuend 372.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Dorf mit seinen chaussirten und zum Theil gekandelten Straßen und seinen mitunter stattlichen Bauernhäusern die meistens mit der Scheune unter einem Dache sind. Schöne Obstbauwiesen umgeben und durchziehen den Ort und ihre großen Bäume, namentlich herrliche Nußbäume, bilden mit den hübschen Bauernhäusern oft reizende Partieen. Prächtige Aussichten bieten sich wieder an die Alb, und sehr schön ist auch die Ansicht des Schlosses Lindach, wie es über dem tiefen, von üppigen Laubbaumgruppen belebten Waldthale sich erhebt, dazu in der Ferne die reinen Linien der drei Albvorberge, Staufen, Rechberg und Stuifen.

Die in der Mitte des Ortes etwas erhöht stehende, kleine und baufällige Kirche zu S. Nikolaus besteht aus einem sehr alten, romanischen, Langhause, an das ein hübscher, spätgothischer Chor (vom Jahr 1470) mit schlichtem Thurm an der Nordseite gebaut ist. In das ursprünglich mit ganz wenigen Rundbogenfensterchen versehene Langhaus, das aus lauter Buckelquadern aufgeführt ist, wurden in späterer Zeit, meist bei der Erneuerung im Jahre 1622, größere Öffnungen gebrochen. An der Südseite zeigt sich noch der alte, rundbogige, jetzt vermauerte Eingang. Der halbachteckig geschlossene, ohne Strebepfeiler errichtete Chor hat hübsche, spätgothisch gefüllte Maßwerksfenster. Innen ist das Schiff flachgedeckt, der Triumphbogen spitz, der Chor mit gutem Netzgewölbe versehen, auf dessen Schlußstein ein Bär angebracht ist. An der Nordwand des Chores sitzt ein zierliches, spätgothisches Sakramenthäuschen und an der Ostwand des Schiffes finden sich noch die alten, mit gegliederten Kämpfern versehenen Pfeiler des romanischen Triumphbogens, der weiter gesprengt war als der jetzige. Das erste Geschoß des spätgothischen Thurmes, zur Sakristei dienend, wird von einem Rippenkreuzgewölbe überspannt, an dessen Schlußstein das Zeichen des Steinmetzen angebracht ist. Auf dem dreistockigen, mit einem vierseitigen Zeltdach bedeckten, vom dritten Geschoß an hölzernen Thurm hängen zwei neue Glocken, gegossen 1863 von Carl Knittel in Canstatt. Die Unterhaltung des Thurmes ruht auf der Gemeinde, die der Kirche auf der Stiftungspflege.

Der Begräbnißplatz wurde 1838 außerhalb der Orts angelegt.

Das ansehnliche Schulhaus, erbaut 1841, enthält zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Das Rathhaus ward 1823 erbaut.

Das dem Grafen von Beroldingen gehörige Schloß liegt oben am Steilrande des hier einen Bogen beschreibenden Pfaffenbachthales und bildet mit seinen Nebengebäuden eine wirklich malerische Gruppe, welche an der von Natur zugänglichen Seite mittelst eines tiefen Grabens unzugänglich gemacht wurde; an der Innenseite des Grabens

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_372.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)