Seite:Oberamt Gmuend 439.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Westlich von der Kirche steht auf demselben Hügel das hohe, sehr stattliche, ganz steinerne Pfarrhaus, in Gestalt eines Flügelbaues mit zwei hübschen gegen die Straße herabschauenden Renaissancegiebeln erbaut; über der Pforte gegen den offenen Hof heraus ist groß das Wappen der Domprobstei Ellwangen angebracht. Früher war das Gebäude ein Schlößchen und gehörte im siebenzehnten Jahrhundert einer Gräfin von Sirgenstein, Äbtissin des Klosters St. Stephan in Augsburg, später kam es durch Kauf an das Stiftskapitel Ellwangen, und 1802 an Württemberg; der Staat hat es noch zu unterhalten. Nördlich vom Pfarrhaus steht ein altes, großes, jetzt in Wohnungen umgewandeltes Ökonomiegebäude, an dem noch die ursprünglichen Umfassungsmauern und die hübsch mit Rundbogenfriesen verzierte östliche Giebelseite erhalten sind. Diese Gebäude waren einst samt dem Pfarrhaus und der früheren Kirche von einer hohen Mauer, daran zwei feste Thore standen, umschlossen.

Das 1833 erbaute Schulhaus enthält zwei Lehrzimmer und die Wohnungen des Schulmeisters und des Lehrgehilfen.

Zu einem Rathhaus wurde 1821 ein Privathaus angekauft und eingerichtet.

Das hübsche Bahnhofgebäude steht fast mitten im Orte.

Sehr gutes Trinkwasser liefern stets in Fülle 5 laufende, 3 Schöpf- und 23 Pumpbrunnen; drei Brunnquellen werden in hölzernen Deucheln hergeleitet. Das Wasser eines am Südende des Dorfes gelegenen Pumpbrunnens hat schwefligen Beigeschmack. Auch die Markung ist reich an trefflichen Quellen, die bedeutendsten sind der Badbronnen am südwestlichen Ende des Ortes, er hat eine etwas höhere Temperatur und ein Haus in seiner Nähe heißt noch das Badhaus, dann die Schloßbrunnenquelle östlich am Pfarrhaus; über die Markung fließen die Rems, die zuweilen verheerend austritt, der Klotz- oder Heubach und der Erlenbach, dieser im Sommer fast versiegend.

Die Remsthalbahn, sowie die Staatsstraße nach Aalen geht hier durch, ferner eine Poststraße nach Heubach, eine Vicinalstraße nach Schönhardt. Über die Rems geht im Ort eine solid gebaute steinerne Brücke, am Nordende des Dorfes eine über den Klotzbach; weitere Brücken und Stege, von denen einige der Staat zu unterhalten hat, gehen über den Erlenbach.

Die im allgemeinen körperlich kräftigen Einwohner sind fleißig, sparsam und ordnungsliebend; 4 Ortsangehörige zählen gegenwärtig über 80 Jahre. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und vorzüglich in Viehzucht. Von den Handwerkern sind am stärksten vertreten die Schuhmacher, Weber, Maurer und Zimmerleute, die letztgenannten arbeiten viel nach außen; auch wird ein beträchtlicher Handel mit Hefe getrieben.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_439.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)