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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

aus dem vorigen Jahrhundert stammend, ist hübsch. In einem Glasschrank befinden sich die Gebeine des Märtyrers Elektus. Auf dem dreistockigen, mit spitzem achtseitigem Zeltdache bekrönten, ziemlich hohen Thurme hängen 3 Glocken. Die größte trägt die Namen der vier Evangelisten in gothischen Minuskeln und anno domini 1459, die zweite, noch ältere, hat in gothischen Majuskeln die Umschrift o rex glorie criste veni cum pace, die dritte ist uralt, von eigenthümlich schlanker und steiler Form und ohne Inschrift. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Der 1831 angelegte Gottesacker liegt westlich am Ort.

Westlich bei der Kirche steht das schöne, zweistockige, schon in älterer Zeit erbaute Pfarrhaus; es bietet eine reizende Aussicht und ist von freundlichen Pfarrgärten umgeben. Zu seiner Unterhaltung wird jährlich ein Bauschilling von 30 fl. zwischen dem Interkalarfonds und dem Pfarrer ausgeworfen.

Das ansehnliche, 1810 erbaute Schul- und Rathhaus enthält neben den Gemeinderaths-Gelassen zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters; an der Schule sind zwei Lehrer angestellt.

Ein ehemaliges herrschaftliches Schloß, jetzt in Privathänden, steht im nördlichen Theile des Ortes.

In Weilerstoffel befindet sich am Nordende des Weilers die 1755 erbaute Kapelle zum h. Patricius; sie ist innen hübsch mit Fresken, Ölbildern und Statuen geziert und trägt einen Dachreiter mit Glocke. Eine weitere Kapelle steht am Anfang des Christenthals.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 6 laufende, 36 Pump- und 18 Schöpfbrunnen; eine Wasserleitung mit hölzernen Deucheln besteht. Auch die Markung ist reich an guten Quellen, die bedeutendste in der sog. Reisebrunnenklinge; von Bächen gehen über die Markung der Stofflerbach, Rechbach, Langenbach und Thienenbach; bei Wolkenbrüchen treten sie zuweilen verheerend aus; der Rechbach trocknet in heißen Jahrgängen ein. Ein sog. Goldbächlein, das sehr sparsam Gold führen soll, ist vorhanden. Zwei Weiher lagen früher neben einander im Thal und sind jetzt in guten Wiesengrund verwandelt.

Eine Korporationsstraße geht von hier nach Gmünd, eine Vicinalstraße nach Bettringen und eine nach Weilerstoffel.

Drei kleine steinerne Brücken, 2 hölzerne, und 12 Stege sind über den Stofflerbach, Langenbach und den Rechbach angelegt; ihre Unterhaltung hat die Gemeinde.

Die Einwohner sind ein ansehnlicher gesunder Menschenschlag, einige Personen zählen über 80 Jahre; man trifft bei ihnen im allgemeinen viele Betriebsamkeit, Sparsamkeit und Ordnungsliebe; ihre Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht und Gewerben.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_446.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)