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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

durch den Erzengel S. Michael dar. Das zweite Geschoß des Thurmes ist von Holz und enthält drei Glocken; die größte hat die Umschrift in gothischen Minuskeln: in. sant. matheus. marcus. lucas. iohannes. er. gos. mich. joerg. kastner. zu. ulm. 1522. Die zweite Glocke wurde gegossen von Heinrich Kurtz in Stuttgart 1857, die kleinste ist uralt, von sehr schlanker und gefälliger Form und ohne Schrift. Die Unterhaltung der Kirche ruht seit der Ablösung auf der Gemeinde, früher kam sie dem Gmünder Spitale zu. Der einst feste, noch ganz ummauerte Friedhof liegt um die Kirche.

Das alte, stattliche, ganz aus Stein erbaute Pfarrhaus steht auch erhöht in hübschem Garten westlich von der Kirche und gewährt eine liebliche Aussicht; es ist seit 1866 vom Staat zu unterhalten, früher gehörte es der Hospitalverwaltung Gmünd.

Das 1820 erbaute Schulhaus enthält zwei Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters; seit 1866 unterrichtet auch ein Lehrgehilfe an der Schule. Das gutgehaltene Rathhaus ward 1829 erbaut.

Gutes Trinkwasser liefern in Fülle ein seit 1866 angelegter laufender Brunnen, 5 Pump-, 2 Zieh- und 15 Schöpfbrunnen. Der laufende Brunnen wird in thönernen und hölzernen Deucheln 236 Ruthen weit von einer Bergquelle bis zum Pfarrhaus geleitet; auch die Markung ist reich an guten Quellen, die bedeutendsten sind die Daibelquelle und der Heldenbrunnen. Von Bächen fließen darüber: der Beurenbach, der Strümpfelbach, der Mühlbach (auch Hofenstetterbach) und der Steinbach; die drei letztgenannten vereinigen sich im Orte selbst. Bei Wolkenbrüchen treten sie aus, jedoch ohne beträchtlich zu schaden, und in heißen Jahrgängen wird ihr Wasserstand sehr vermindert. Zwischen dem Giengerhof und dem Stadtwald Kelt bestand früher ein etwa 6 Morgen großer Weiher.

Die Vicinalstraße von Gmünd nach Weissenstein geht durch den Ort. Eine steinerne und 2 hölzerne Brücken, sowie 4 Stege führen über den Bach im Orte, außerhalb 2 hölzerne Brücken und 5 Stege über die Bäche; ihre Unterhaltung hat sämtlich die Gemeinde.

Die Einwohner sind im allgemeinen kräftige, großgewachsene Leute, deren Haupterwerbsquellen in Feldbau und Viehzucht bestehen; von den Handwerkern sind Maurer und Zimmerleute am meisten vertreten und arbeiten auch nach außen.

Im Ort ist eine Mahlmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, außerhalb (1/2 Stunde südöstlich) eine Ölmühle mit Hanfreibe; dann bestehen zwei Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, und zwei Kramläden.

Die Vermögensverhältnisse sind gut; der Begütertste besitzt 80 Morgen Feld und 50 Morgen Wald, der Mittelmann 20 Morgen Feld und 4 Morgen Wald, die ärmere Klasse 3 Morgen Feld.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 452. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_452.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)