Seite:Oberamt Laupheim 116.jpg

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ein gut ausgeführtes Altarblatt, den englischen Gruß vorstellend, und unter dem mit einem Halbrund schließenden Chor die im Jahr 1847 errichtete und eingeweihte Familiengruft der Grafen von Reuttner. Der unten viereckige, gegen oben in ein Achteck übergehende, mit einem Satteldach gedeckte Thurm, stammt aus einer weit früheren Periode als das Schiff der Kapelle. Die guterhaltenen Pfarrgebäude und das Schulhaus liegen zunächst der Kirche; letzteres wurde 1826 auf Kosten der Gemeinde neu erbaut und enthält außer der Wohnung des Schullehrers zugleich die Rathszimmer.

Das der Pfarrkirche nahe stehende, dem Grafen Reuttner v. Weyl gehörige, in den Jahren 1793–1796 gänzlich renovirte Schloß ist in einem einfachen, modernen Styl erbaut und mittelst eines bedeckten Ganges mit der Kirche verbunden. Um dasselbe lief früher ein Weiher, der in den Jahren 1793/96 theilweise und später ganz ausgetrocknet wurde; an seine Stelle traten schöne Öconomiegebäude und Gartenanlagen. Sehr interessant sind zwei ausgezeichnet gute Gemälde und eine Sculpturarbeit, weche als Eigenthum des Grafen v. Reuttner in dem Schloß aufbewahrt werden; erstere von Hans Holbein gemalt, stellen das lebensgroße Brustbild eines schon ergrauten Ritters, auf dem Hüfthorn das Wappen derer v. Freyberg tragend und das Brustbild einer ältlichen, aber noch stattlichen Dame vor. Das sehr künstliche Sculpturwerk von Isaak Kiening von Isny 1568 gefertigt, besteht in einer aus Sohlenhofer Plattenkalk gearbeiteten, mit Reliefs reich verzierten Tischplatte von 4′ im Durchmesser. Die Reliefverzierungen treten 1/2 – 1′′′ hervor, je nachdem es die Anordnung der Bilder erforderte. Die in drei Kreise getheilte Platte enthält im innersten runden Felde Christus am Kreuze, zu beiden Seiten Maria und Johannes; auf dem mittlern ist die Ahnenprobe des Karl v. Freyberg und seiner Gemahlin, geb. v. Laubenberg, dargestellt, der äußerste Kreis ist Jagdstücken und körnigen Jagdsprüchen gewidmet. Das auf der Markung zerstreut liegende, etwa 300 Morgen große Schloßgut steht in Selbstbewirthschaftung, mit einem Viehstand von über 30 Stücke Simmenthaler Race.

Der Ort ist mit gutem Trinkwasser hinreichend versehen und eine im sog. Urspring beginnende Quelle, welche die Brunnen, Bassins etc. bei dem Schlosse speist, kann im Dorfe bei Feuersgefahr zu einer Wette geschwellt werden. Die nahe am Ort in vielen Krümmungen vorbeifließende Roth setzt eine Mahl- und Öl-Mühle in Bewegung. Auch ist ein im J. 1839 erbautes öffentliches Backhaus vorhanden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Laupheim. Stuttgart 1856, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Laupheim_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)